Schloss Fachsenfeld XVIII – das Russenzimmer: Mit diesem und dem nächsten Beitrag kehre ich zurück zum Ausgangspunkt meiner Beschäftigung mit Fachsenfeld, zu Wilhelm von Koenig.
Als er sich ab 1839 Schloss Fachsenfeld einrichtet, widmet er einen Raum seinen Erfahrungen in Russland. Dabei verschmelzen drei Bereiche: sein Leben in Porträts, die Geschichte seines Rappen und Szenen vom Russlandfeldzug des Jahres 1812 nach Albrecht Adam und Christian Wilhelm von Faber du Faur. Das Russenzimmer spiegelt das Schlüsselerlebnis in der Lebensgeschichte dieses Mannes, die Schockerfahrung eines 19jährigen, der dank Glück, Mut und Energie als einer von wenigen das ungeheure Kriegselend äußerlich unbeschadet überstanden hat.
Wie ein Sinnbild für die ausweglose Situation im Herbst 1812 stelle ich den Verursacher des Krieges voran. Carl v. Ebersberg nach Albrecht Adam, Napoleon vor dem brennenden Moskau, Aquarell, 24,5 x 27,5 cm. Laut rückseitigem Aufkleber von Franz von Koenig ausgeführt 1838-40. Das Blatt basiert auf der bekannten Lithographie „Voyage pittoresque Nr. 94“. Es ist gewissermaßen der Schlusspunkt von Adams druckgraphischer Berichterstattung vom Russlandfeldzug. Eindrucksvoll wird die Ohnmacht Napoleons gezeigt. Seine Rechnung geht nicht auf. Die Russen haben die Stadt verlassen und ergeben sich nicht. Der Grande Armée steht ein unseliger Rückzug bevor. Glanzvoll ist nur der Vollblutaraber.
Das einmalige Russenzimmer
Die Rückwand des Russenzimmers zeigt in der Mitte ein kleines Brustbild von König Friedrich von Württemberg (1756-1816). Er ist es, der den jugendlichen Koenig noch vor Abschluss am Gymnasium illustre zum Militärdienst und dann zur Teilnahme am Russlandfeldzug bestimmt. Rechts Ebersbergs letzte Darstellung des Rapp und darunter sein Aquarell des geplanten Denkmals. Links über dem Schreibtisch eine Aufnahme des älteren Koenig vom bekannten Stuttgarter Fotografen Friedrich Brandseph.
Albrecht Adams bzw. Ebersbergs Darstellung des trübsinnigen Napoleon hängt neben dem Türdurchgang an der rechten Hauptwand des Russenzimmers. In der Wandmitte sieht man ein Ganzfigurenbild von Koenig und an der Fensterseite den Rapp in besten Jahren. Dann gibt es noch weitere Aquarelle von Ebersberg nach Adam und genauso Kriegsszenen nach Christian Wilhelm Faber du Faur (1780-1857), dem zweiten künstlerisch begabten Teilnehmer am Russlandfeldzug. Unten rechts vollzieht sich z. B. der schmähliche Abmarsch der Grande Armée „Am Tor von Kaluga in Moskau“ am 19. Oktober 1812 – mit Napoleon in der Mitte.
Um diese Beiträge zu Schloss Fachsenfeld nicht zu sehr aufzublähen, beschränke ich mich hier auf Adams Kompositionen.
Das Russenzimmer zeigt auf der zweiten Hauptwand wiederum sechs Werke: und zwar nur Arbeiten Ebersbergs nach Albrecht Adam und Faber du Faur. Das Porzellanpferd auf dem Tisch hat allerdings mit dem Rapp nichts zu tun.
Meine anfängliche Mutmaßung, die Auswahl und Anordnung der Motive spiegelten vielleicht Koenigs eigenen Erlebnisse konkret wider, hat sich nicht bestätigt. Die Werke des Raumes vergegenwärtigen als Ensemble die Gesamterfahrung des Krieges. Die wenigen Monate in Russland sollen an einem Ort ins Bewusstsein gerufen werden und damit lebendig bleiben. Und das tun sie bis heute.
Carl v. Ebersberg nach Albrecht Adam
Carl v. Ebersberg nach Albrecht Adam, Napoleon recogniscirt den 24 Juli 1812 mit 4 baierischen Reiter-Regimentern das rechte Ufer der Divuina, Aquarell, 27,9 x 40,1 cm, u. l. sign..
Wie kommt es zur Verbindung zwischen Koenig und Ebersberg? Ebersberg wird 1818 in Biberach geboren. In der Nähe liegt Schloss Warthausen, das Koenig 1829 ersteigert. Schon früh kann er von Ulm aus den künftigen Künstler kennengelernt haben. 1836 geht Ebersberg an die Münchner Akademie. Als angehenden Porträt- und Pferdemaler hat ihn Koenig ab 1838 kontinuierlich für Fachsenfeld beschäftigt.
Carl v. Ebersberg nach Albrecht Adam, Ankunft Napoleons auf dem Schlachtfelde von Ostrowno den 26ten Juli 1812, Aquarell, 17 x 23,5 cm, u. l. sig..
Ob Ebersberg auch die Farblithographien Adams kannte, lässt sich nicht sagen. Hier wie in den übrigen Blättern hält er sich genauestens an seine Vorlagen, die er in Farben bildmäßig umsetzt und allenfalls in Nebenbereichen, z. B. den Himmelzonen, etwas freizügig gestaltet.
Carl v. Ebersberg nach Albrecht Adam, Treffen von Ostrowno d. 26ten Juli 1812, Aquarell, 20 x 30,7 cm, u. l. sign..
Carl v. Ebersberg nach Albrecht Adam, Schlacht an der Moskwa den 7ten Septbr 1812, Aquarell, 27,5 x 40 cm, u. l. sign..
Eine letzte, sogar greifbare Erinnerung an Wilhelm von Koenig gibt es noch im Russenzimmer. Wie zu einem kleinen Trophäenensemble sind seine Reithandschuhe und sein Säbel zusammengefügt. Und dazu kommt noch ein dichtes Bündel Haare seines geliebten Rapp.
Schoss Fachsenfeld, Kellergeschoss: laut Gärtner Franz Dollansky soll auf diesem alten Sattelbock des 19. Jh. auch der Sattel von Wilhelm von Koenig sein.
Sehr geehrter Herr von Holst,
zufällig bin ich auf ihre informativen Berichte über Schloss Fachsenfeld gestoßen. Dazu möchte ich ihnen ein großes Lob aussprechen und freue mich auf weitere Veröffentlichungen.
Viele Grüße von einem gebürtigen Fachsenfelder.