Rudolf Kuntz, SILBER-NASE, 1823 – eine Entdeckung nach 200 Jahren. Und ein bildlicher Weihnachtsgruß an alle Fans großartiger Vollblutaraber, darunter besonders an den Freundeskreis der Weil-Marbacher Araberzucht.

Wilhelm I. von Württemberg macht besonders edle Vollblutaraber seines 1817 gegründeten Kgl. Privatgestüt bereits nach wenigen Jahren der europäischen Öffentlichkeit bekannt. Das besorgen für ihn Künstler, die sich auf das Fach der Pferdemalerei spezialisiert haben. Der erste dieser Pferdeporträtisten ist – noch vor Albrecht Adam – der junge Kurpfälzer Rudolf Kuntz (Mannheim 1797-1848 Karlsruhe). 1823-26 präsentiert er insgesamt 18 Pferde in drei Heften, erschienen unter dem Titel: „Abbildungen königlich-württembergischer Gestütspferde von orientalischen Racen. Gezeichnet nach dem Leben. Verlag Ebner, Stuttgart.“

Gudrun Waiditschka eröffnet 2017 in ihrem informationsreichen Band “Königliche Pferde, Die arabische Pferdezucht der württembergischen Könige“ die komplette Reihe von Kuntz‘ Lithographien mit Gumusch Bournon (richtig: GOUMOUSCH BOURNU). Noch vor BAIRACTAR ist er in den frühen 1820er Jahren der Hauptbeschäler des jungen Gestüts. Es besteht aus den Höfen in Weil, Scharnhausen und Kleinhohenheim, allesamt in Stuttgarts Nähe.

Rudolf Kuntz, SILBER-NASE, 1823, Aquarell in Privatbesitz

Rudolf Kuntz, GOUMOUSCH BOURNU, Aquarell auf festem Papier, 33 x 41,4 cm, Privatbesitz. Der kunstvoll mit der Hand geschriebene Text, 4,5 x 22,7 cm, steht auf einem eigenen Papierstreifen. Warum und wann Bild und Text vom gemeinsamen Papierbogen ausgeschnitten wurden, ist unklar. 

Die Ausführung in Wasserfarben stimmt in der Größe mit der folgenden Lithographie überein. Leichte Modifikationen finden sich vorne in der Uferregion. Auch verzichtet Kuntz auf die orientalischen Phantasiebauten in der Ferne. Er begnügt sich mit angedeuteten Bergzügen.

SILBER-NASE mit wachem Blick

Rudolf Kuntz, SILBER-NASE, 1823, Aquarell in Privatbesitz

Dieses einzige bisher bekannte Aquarell der illustren Araberserie war gewiss für einen besonderen Auftraggeber bestimmt. Sei es König Wilhelm selbst, vielleicht auch eine Persönlichkeit seines Hofes oder ein Angehöriger des Gestüts. Zwar sind die Aquarellfarben durch Lichteinfluss leicht ausgeblichen, doch wird der Glanz des Silber-Schimmels noch stärker als in der Lithographie deutlich. Wunderbar passt dazu sein Name SILBER-NASE.

Rudolf Kuntz, SILBER-NASE, 1823 – eine herausragende Lithographie

RUDOLF KUNTZ, SILBER-NASE, 1823, Lithographie von L. Ekeman Allesson

Rudolf Kuntz, GOUMOUSCH BOURNU, 1823, 34 x 42 cm, bez. u. „Nach d. Leben gez. v. Rud. Kuntz“ und „Lithogr. v. L. Ekeman Allesson“, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung

Dazu der Text von 1823: „(Silber-Nase), Apfel-Schimmel; ein Arabischer Hengst von der Race Saklawy Dschedran, 9 Jahre alt, misst nach dem Winkelmass 5 Fuss 2 Zoll. Das vollkommene Ebenmass in dem Bau seines Körpers, seine malerischen Formen, und insbesondere die schöne Gestalt des Kopfes beurkunden die edle Abkunft dieses Pferdes, eines Haupt-Beschälers im Königl. Gestüte. Er hat starke, ganz fehlerfreye Knochen. Sein Charakter ist feurig, und dabey sehr fromm.“

Beurteilung 1823: „… feurig, und dabey sehr fromm.“ 

GOUMOUSCH BOURNU Or. Ar., Skelett von 1824, Universität Hohenheim

GOUMOUSCH BOURNOU Or. Ar. gehört zu dem Kontingent von arabischen Spitzenpferden, das die vermögende, aus der Zarenfamilie stammende Königin Katharina bei dem „polnischen Emir“ Graf Waclaw Seweryn Rzewuski 1817/18 bestellt. Die edlen Vollblutaraber sind als Geschenk für ihren Gemahl gedacht. Anfang 1819 jung verstorben, erlebt die Königin die Ankunft der kostbaren Tiere jedoch nicht. 

BAIRACTARS Skelett ist auf Dauer im Museum des Haupt- und Landgestüts Marbach zu sehen. SILBER-NASE hatte wenigstens für einige Zeit als Leihgabe des Tiermedizinischen Instituts der Universität Hohenheim 2022/23 einen Auftritt im Stuttgarter Haus der Geschichte. Bereits 1824 gestorben, repräsentiert er in der Großen Landesausstellung „LIEBE. Was uns bewegt“ die gemeinsame Leidenschaft des Königspaares für Vollblutaraber. Vgl. Waiditschka 2017, S. 50 ff. und 68 ff.