Albrecht Adam, Napoleon vor Regensburg II: Barbara und Karl, Rückblick auf 1546 – Anlass unserer Reise nach Regensburg ist Albrecht Adams berühmtes Gemälde. Merkwürdigerweise fristet es ein Depotdasein. Dafür begegne ich ihm zufällig als vielfach vergrößerte Wanddekoration. Eine aparte Regensburgerin steht davor. Selbstbewusst und etwas geschmeichelt lässt sie sich gerne mit dem Wandbild ablichten. Sie arbeitet im Café Bonaparte, das ein Teil von unserem gemütlichen Altstadthotel der Patrizier ist.
Die Bildkonstellation erinnert mich an eine kleine Begebenheit mit großer Wirkung, die sich in Regensburg vor Jahrhunderten abspielt. Napoleon hat vor 215 Jahren die Stadt heimgesucht. Noch 263 Jahre früher, also vor 478 Jahren, war ein noch höherer Herrscher in Regensburg anwesend.
Eines der bedeutendsten Reiterbildnisse der europäischen Kunst
Im Juni 1546 ist Kaiser Karl V. (1500-1558) zum Reichstag in der Stadt. Will man sich eine Vorstellung von ihm machen, dann bietet sich dafür ein Meisterwerk von Tizian und eines der bedeutendsten Reiterbildnisse der europäischen Kunst an: Kaiser Karl V. nach der Schlacht bei Mühlberg, Öl auf Leinwand, 332 x 279 cm, 1548, Madrid, Museo del Prado, Foto Wikimedia.
Das Paradebeispiel eines idealisierten Herrschers zu Pferd in der Tradition des Marc Aurel prägt auch unser Bild von diesem mehr spanischen als deutschen Kaiser. Es zeigt Karl V. nach dem Sieg über die Truppen des Schmalkaldischen Bundes am 24. April 1547, also 10 Monate nach seinem Aufenthalt in Regensburg.
In der Stadt lebt seitdem auch eine junge Frau im Gedächtnis der Nachwelt. Ich stelle mir die Situation im Sommer 1546 vor. Der Kaiser trifft in Regensburg auf die 19jährige allseits bekannte Schönheit Barbara Blomberg. Es entwickelt sich eine kurze leidenschaftliche Liebesbeziehung. Ihr verdankt ein Kind sein Leben und Europa einen schicksalhaften Seesieg. Am 24. Februar 1547 kommt in aller Stille und Heimlichkeit in Regensburg ein Sohn zur Welt. Es ist auch der 47. Geburtstag seines Vaters und der meiner Frau ein paar Jahrhunderte später.
Der Sieger von Lepanto aus Messina
Andrea Calamech (1524-1589), Bronzestatue Don Juan de Austria von 1572. Es handelt sich um einen Abguss nach dem Original in Messina, der 1978 zur Erinnerung an Juans 400. Todesjahr auf dem Zieroldsplatz in Regensburg aufgestellt wird.
Don Juan de Austria / Johann von Österreich (1547-1578) ist ein jüngerer Halbbruder von Kaiser Karls legitimem Sohn Philipp (1527-1598). Dieser regiert ab 1555/56 mit harter Hand Spanien und große Teile der damaligen Welt als König Philipp II.. Viele kennen ihn nur als unerbittlichen Vater und Herrscher aus Don Carlos von Schiller und Verdi.
Barbara Blomberg (1527-1597) muss sich von ihrem Söhnchen nach drei Jahren trennen. Auf geheimen Geheiß Karls V. wird es nach Spanien gebracht, um in höfischer Weise aufzuwachsen. Erst beim Tod seines Vaters erfährt Juan, wer er wirklich ist. Denn in seinem Testament erkennt Karl V. ihn offiziell als seinen Sohn an. Ab 1558 trägt der halbe Regensburger den Namen Don Juan de Austria.
Bronzerelief von 1978 unter dem Standbild von Don Juan de Austria in Regensburg
Mit nur 24 Jahren besiegt Don Juan als Oberbefehlshaber der Heiligen Liga am 7. Oktober 1571 in der Seeschlacht von Lepanto die Flotte des Osmanischen Reiches. Dank dieser Tat dauert sein Ruhm bis heute an. Und Ruhm fällt auch auf die Stadt Regensburg, ihre schöne Tochter Barbara und deren kurze Liebelei mit Kaiser Karl V..
Nicht lange danach und vom Spanischen Hof gut ausgestattet, heiratet Barbara. Mit dem kaiserlichen Major Hieronymus Kegel hat sie drei Kinder. Ihr Mann stirbt 1569. Die schöne Regensburgerin endet ihr Leben 1597 als Madame Barbara de Blombergh auf ihrem Landgut in Ambrosero im nordspanischen Kantabrien. Calle Madama – nur ein Straße erinnert an sie in dem kleinen Ort.
Ihren Sohn Juan hat Barbara nur einziges Mal wiedergesehen: im November 1576 im Alter von knapp 30 Jahren in Luxemburg.
Tatort Goldenes Kreuz
An der Kaiserherberge Goldenes Kreuz erinnert ein Relief und ein barockes Gedicht an die ungleiche Begegnung von Bürgertochter und Kaiser.
„In diesem Haus von alter Art / Hat oft geruet nach langer Fahrt / Herr KAYSER CARL DER FÜNFFT genandt / In aller Welt gar wohl bekannt / Der hat auch hie zue gueter stundt / Geküsset einer Jungfrau Mundt.
Dieselb die hiess bei fern und nah / Man nur die schöne BARBARA / Ihr Stamm war bieder / schlicht / und recht / Plumberger schrieb sich das Geschlecht / dem bracht des Kaysers Lieb viel Leid / doch trost und heyl der Christenhait.
Dann draus erwuchs / dem Vatter gleich / der DON JUAN VON OESTERREICH / der bei LEPANTO in der Schlacht / Vernichtet hat der Türckhen Macht / der HERR vergellst Ihm alle Zeit / So yetzt wie auch in Ewigkheit.“