Fondation Louis Vuitton von Gehry liegt am Nordrand des Bois du Boulogne im Westen von Paris. Es ist ein 2014 eröffneter, faszinierender und verwirrender Bau, bestimmt als Ausstellungshaus für das Luxusimperium LVMH. Sein eigentlicher Name lautet: Le vaisseau de verre – Das Glasschiff.
Das Glasschiff von außen
Ein blutjunges, kälteresistentes Model will wohl ein Star werden. Laut dem Architekten Frank O. Gehry, Jg. 1929, der hier erneut demonstriert, was für ein Star er ist, handelt sich bei diesem Bau um einen „Eisberg“, umgeben von geblähten Segeln. Es stellen sich aber auch Assoziationen zu Formen von Fischen, Zeppelinen und monsterartigen Schalenwesen ein.
Das Primat liegt wie oft bei Gehry eindeutig bei der atemberaubenden Architektur, die ein Feuerwerk an Einfällen und spektakulären Lösungen bietet.
Nachgeordnet ist die Funktionalität als Ausstellungshaus. Raumfolgen und ihre Ausrichtung sind etwas labyrinthisch, so auch die Anordnung der Aufgänge und Treppenhäuser.
Eine genauere Erinnerung an besuchte Räume ist kaum möglich. So sind bei unserem Besuch Anfang November 2018 die Präsentation von „Egon Schiele“ in etwas beklemmenden Kellerräumen und das Raumwirrwarr über vier Geschosse für „Jean-Michel Basquiat“ nicht recht befriedigend.
Vom Wasserspiegel im Nordosten führt eine Wassertreppe zum Untergeschoss herab. Alles spiegelt sich abenteuerlich in den geschwungenen Glassegeln darüber.
Innenansichten und verwirrende Virtuosität im Konstruktiven
Die von Gehry so geschätzten Fische schweben über der Cafeteria.
Fluchtplan als Orientierungshilfe
Fluchtwege sich vorzustellen ist oft vertrackt, hier aber ganz besonders.
Aufgang zu Aussichtsterrassen
Wunderbare Ausblicke auf Paris
Bois du Boulogne in Richtung Südwesten
Richtung Nordwesten
Bois du Boulogne und sein Villensaum in Richtung Nordosten
Ingenieurskunst heute und vor 130 Jahren im Vergleich: in Richtung Südosten sieht man den Eiffelturm.
Innenseite der Außenwand bei einem Treppenabgang
Alles in allem: ein Bau, der dem Imponiergehabe von LVMH einen glänzenden Auftritt beschert, Inhalte aber hintanstellt. Daneben wirkt Gehrys Guggenheim-Museum in Bilbao, inzwischen gut 20 Jahre alt, fast wie ein Museumsklassiker.
Wohl keines der Produkte von LVMH ist lebensnotwendig. Kommt man aus der Sainte-Chapelle, aus dem Jahrhundert Dantes, so mag man auch an damalige Kategorien des Lasters denken, an „Überfluss“ und „Hochmut“. Ihre Nutznießer erleiden im Inferno der Divina Comedia schreckliche Strafen. Diese Erinnerung stellt sich zwar in diesem freundlichen Architektur-Dino Gehrys nicht unmittelbar ein, doch möchte ich dort nicht viel Zeit verbringen, geschweige denn dort arbeiten. Es ist wie ein Überdruss an zu viel Champagner.
Vielleicht erklärt das auch bei aller Brillanz von Herzog & de Meuron ein wenig den Anklang ihrer Bauten mit Satteldächern: Musée Unterlinden in Colmar, VitraHaus in Weil am Rhein oder Museum des 20. Jahrhunderts Berlin. Nach LVMH-Protz und -Prunk schmeckt wieder bekömmliches Schwarzbrot.
Der Weg zurück zum altvertrauten Paris beginnt bei einer spektakulären Spectacle-Litfaßsäule.