Ronchamp – Nebengebäude: Le Corbusiers sehr rustikale Häuser für Arbeiter und Kaplan kontrastieren mit Renz Pianos eleganten Empfangs- und Klosterbauten von 2011.
Jahrzehntelang gab es in Ronchamp nur eine völlig unbefriedigende Zugangssituation zur Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut. Als man schließlich über eine Verbesserung der Situation und sogar an ein kleines Kloster nachzudenken begann, stieß dies auf heftigen Widerstand der „Fondation Le Corbusier“. Die Freunde und Verehrer Ronchamps befürchteten eine Beeinträchtigung der Architekturikone.
2009 schließlich werden die Erweiterungspläne für ein Besucherzentrum und ein kleines Kloster genehmigt. Im September 2011 wird alles eröffnet. Kein Geringerer als Renzo Piano erhält den Auftrag.
Im Zusammenwirken mit dem berühmten Landschaftsgestalter Michel Corajoud (1937-2011) wird im Südwesten der Hügelabhang so geplant und bebaut, dass jeweils nur die Gebäudefronten von unten sichtbar und die Räumlichkeiten im Erdreich bzw. durch Bepflanzung verborgen sind. Vom Hügelplateau aus sind diese Zutaten nicht wahrnehmbar. Im Nachhinein erscheint der ehemalige Widerstand unverständlich. Renzo Piano erweist durch Behutsamkeit und Verzicht auf einen eigenen großen Auftritt seinem noch größeren Kollegen auf sehr würdige Weise Reverenz.
Vom Parkplatz aus erreicht man als erstes Renzo Pianos „Porterie“, das kleine Besucherzentrum: darin in der Mitte ein großer Kamin zum Aufwärmen und Trocknen in Winter- und Regenzeiten, ein kleiner Ausstellungsbereich links sowie Kasse und Shop zur Rechten. Von dort geht es hinauf zunächst zu zwei Nebenbauten von Le Corbusier.
Haus der Arbeiter und Pilger
Rechts vom Weg hinauf zur Kapelle liegt auf halber Höhe ein lang gestreckter Bau. Le Corbusier hat ihn für die Arbeiter errichtet. Später dient er in seiner Schlichtheit Pilgern und zeitweilig auch den Klarissen.
Die Ostfront zeigt ein Nebeneinander von rohen Beton- und perfekten Farb- und Fensterflächen. Die Betontische davor sind mit farbigen Emailflecken verziert. Bei einem solchen Nebengebäude wurde noch knapper als sonst kalkuliert.
Zum Leben in den Gemeinschaftsräumen gehört auch die Mahlzeiten an den Betontischen im Freien.
Haus des Kaplans
Links vom Aufstiegsweg gibt es Le Corbusiers Häuschen für den Kaplan. Der heutige leitet bei unserem Besuch den Gottesdienst. Markant, wenn auch etwas garagenhaft, nicht nur im Untergeschoss.
Beim Blick von Südosten verschwindet die Garagenzufahrt. Eine sehr karg-asketische Hülle für geistig-geistliche Arbeit.
Geht man etwas weiter hangabwärts, befindet man sich auf den Fahrspuren zu Renzo Pianos Kloster. Der Hauptturm der Kirche überragt die Bäume. Es wird klar, dass das tiefer liegende kleine Haus und ebenso die übrigen Nebenbauten den Kirchenbau Le Corbusiers nicht beeinträchtigen können.
Klarissenkloster von Renzo Piano
Auf zwei Ebenen im Südwesten der Kirche hat Renzo Piano die flachen Gebäude des kleinen Klosters untergebracht. Was während der Bauzeit ganz anders und störend wirken musste, st inzwischen von Wiesenflächen und großen Pflanzen überdacht.
Auf dieser Ebene folgen sich Empfangsraum, Bibliothek und am Ende der öffentliche Gebetsraum bzw. das Oratorium des Klosters. Im Bereich darunter, der nicht zugänglich ist, befinden sich 12 Zellen für die Nonnen und 8 Gästezimmer für Menschen, denen es hier für kürzere Zeit um spirituelle Vertiefung geht.
Am Ende des Wegs befindet sich rechter Hand das Oratorium, vor dem ein kleiner Gartenbereich zu Gesprächen und Meditation einlädt. Im Hintergrund eine Heiligenstatue.
Auch ein kleiner Kräuter- und Nutzgarten fehlt nicht. Bei unserem Besuch bewirtschaftet ihn eine alte, sehr liebenswürdige und auskunftsfreudige Nonne.
Renzo Pianos trapezförmiger Andachtsraum zeigt den ganzen Unterschied zu Le Corbusier. Glatte Betonflächen, edles Holz und farbiger Boden zeichnen ihn aus. Und ein Glasdach, dessen Sprossen wechselnde Schattenformen auf die Rückwand projizieren. Davor steht ein feingliedriges Kruzifix.
Ein Blick zurück entlang dieses religiösen, ruhigen Rückzugsortes zeigt Renzo Pianos Klarheit, Eleganz und Lichtfülle, die ebenso an seiner Fondation Beyeler zu bewundern sind. Zugleich empfindet man sein Bemühen, diese Bauten in den Hang zu integrieren. Dabei unterstützt ihn die Natur seinem Namen gemäß pian piano.