Schloss Fachsenfeld XIII – Ludwig Zanths Landhaus Gollenhof, Nordseite, Detail
Um 1840 und danach richtet Wilhelm von Koenig sein Schloss Fachsenfeld mehr und mehr ein, um dort schließlich die letzten Jahrzehnte seines Lebens zu verbringen. Ludwig Zanths Landhaus Rebenberg von 1838/39 findet in Stuttgart großen Anklang. Das wird Wilhelm bewogen haben, sich etwas Analoges in Fachsenfeld Nähe zu wünschen.
Zanth, der endlich erfolgreiche Architekt, inzwischen Hofbaumeister, geadelt und vollbeschäftigt mit dem Bau der maurischen Wilhelma, erhält den Auftrag einen passenden Bau für Gollenhof, die noch heute völlig abgelegene Örtlichkeit bei Mögglingen, zu planen.
Ludwig Zanth, Landhaus Gollenhof, Entwurf Nordseite, 1849, Bleistift, koloriert, 18,7 x 25,5 cm, u. sign. und dat., Stadtarchiv Aalen, Stiftung Schloss Fachsenfeld, N KOE 356, Sammel-Album, zusammengestellt von Franz von Koenig, Bl. 28 ff.
Die reichen Bestände des Koenig‘schen Nachlasses erlauben es, sich erstmals vom Landhaus Gollenhof ein genaues Bild zu machen.
Alle hier präsentierten Blätter sind bisher unpubliziert. In präziser, detailreicher Weise stellen sie ein originelles Haus in Holzbauweise vor Augen. Es soll einen dreiachsigen Vorbau erhalten, der den Eingangsbereich seitlich einfasst und so einen überdachten Vorraum schafft. Darüber entsprechend drei Fenster und im Dachbereich eine Loggia, die einem Belvedere ähnelt. Eine Papierklappe zeigt die Möglichkeit einer einfacheren Ausführung des Obergeschosses mit Balkon und einem durchgehenden Satteldach.
Vgl. Michael Wenger 2012, 90 f.: er kennt nur dieses Blatt, bildet es aber nicht ab.
Detaillierte Innenraumplanung: Unterer Stock
Ludwig Zanth, Landhaus Gollenhof, Grundriss Eingangsgeschoss, 1849, wie voriges
Das Blatt ist die linke Hälfte des folgenden mit dem Grundriss Obergeschoss. Entsprechend ist die Signatur durchschnitten. Aus den Maßen in württ. Fuß ergibt sich, dass der Bau ca. 14 m tief und ca. 15 m breit werden soll.
Unten: von Norden führt der offene Vorbau in das Haus und einen Verteilerbereich: links ein Schlafzimmer, danach eine Treppe ins Obergeschoss und gegenüber ein Bedientenzimmer. Es folgen seitlich Kellerabgang und Flur zur Küche. In der Mittelachse erreicht man den eigentlich Wohnbereich. Vgl. folgendes Detail.
Auf der linken, also östlichen Hausseite gibt es in Analogie zur Eingangsgestaltung zwei kleine erkerhafte Vorbauten mit Spiegeltisch und Sessel für geruhsame Fernblicke. Außen umschließen die Erker eine überdachte Laube mit langer Bank zur Beobachtung nicht nur des Sonnenaufgangs.
Ludwig Zanth, Landhaus Gollenhof, Detail des vorigen
Im eigentlichen Wohnbereich öffnet sich ein Vorzimmer nach Süden zu einem Oktogon. Es gewährt als Vorbau einen weiten Blick über die Höhen und bietet seitlich Treppen hinab zum Garten. In der Mitte des Vorzimmers geht es nach r. in ein Empfangszimmer mit Flügel und nach l. in ein gleich großes Wohnzimmer mit Schreibtisch, Bücherwand und Spiegeltisch. Beide quadratischen Räume haben spiegelbildlich einen Divan mit Rundtisch.
Ludwig Zanth, Landhaus Gollenhof, Südseite, 1849, wie voriges
Vom offenen Oktogon, das große Blumentöpfe schmücken, führen Treppen hinab. Die seitlichen Fenster gehören zu den quadratischen Wohnräumen; darüber Schlafzimmer. Im Obergeschoss hat das Oktogon Fenster.
Detaillierte Innenraumplanung: Oberer Stock
Ludwig Zanth, Landhaus Gollenhof, Grundriss Obergeschoss, 1849, wie voriges
Wie im Landhaus Rebenberg gibt es im Obergeschoss vier größere Schlafzimmer: die quadratischen auf der Südseite mit je zwei Betten, die nördlichen mit je einem. Alle haben Toilettentische an den Fenstern und sind heizbar. Die Mittelachse wird durch den oktogonalen Vorbau mit dem runden Frühstückstisch und das Oberlicht im Treppenhaus betont. Über dem Vorraum nach Norden ist ein Bügelzimmer untergebracht, das auch für Gäste verwendet werden kann.
Ländlich und städtisch zugleich
Ludwig Zanth, Landhaus Gollenhof, Westseite, 1849, wie voriges
Um 90 Grad gedreht gegen den vorangehenden Grundriss lässt diese Seitenansicht Zanths klare Gliederung gut erkennen. Das Haus hat ein gemauertes Kellergeschoss und Sockel mit kleinen Fensterpaaren. Das Übrige ist aus Holz. Heute wäre das ein Beispiel für Nachhaltigkeit. Beim offenen Vorbau nach Süden, hier rechts, kann im Erdgeschoss unterschiedlicher Sonnen- und Windschutz erreicht werden.
Detail des vorigen
Ludwig Zanth, Landhaus Gollenhof, Längsschnitt von Norden nach Süden, 1849, wie voriges
Eingangsgeschoss: über dem Kellergeschoss von links Seitenwand des Vorraums; Schlafzimmertür, Treppe nach oben, Gang in den Keller; schmale Tür zur Heizung, reich gestaltete Vorzimmerwand mit mittlerer Tür und seitlichen Binnenfenstern; Vasen über dem Gesims; rechts das Oktogon.
Obergeschoss: Bügel-/Gastzimmer; Eingang Schlafzimmer, Treppenhaus mit Licht von oben; schmale Tür zur Heizung, Eingang Schlafzimmer, Frühstücksraum mit Bildern an der Wand, Oktogon mit Fenstern. Dachgeschoss: von rechts Zugangstür vom Treppenhaus, Oberlicht und links Wand der Loggia.
Alles in allem: trotz Holzbauweise kein ländlicher, sondern eher ein eleganter, perfekt durchgeplanter Bau für kultivierte städtische Bedürfnisse. Warum er nicht errichtet wurde, wissen wir nicht. Dennoch bereichern diese Pläne unsere Kenntnisse und die Wertschätzung von Ludwig Zanth.