Albrecht Adam, Regensburg 23./24. April 1809: Zeichnungen – Verletztes Pferd, Bleistift, 20,4 x 31 cm, Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.Nr. 17769

Während unter stürmischem Himmel die Kavallerie dem Feind entgegenstürmt, umarmt ein Reiter auf berührende Weise sein verletztes Pferd. Es wirkt so, als wolle er es mit seiner innigen Anteilnahme über den Schmerz hinwegtrösten.

Das Blatt befindet sich in der Münchner Sammlung bei jenen von 1809. Der Zusammenhang mit Napoleon und der Schlacht bei Regensburg ist nicht erwiesen. Dennoch stelle ich es leitmotivisch hier voran, weil es für Adams Pferdeliebe und seine oft symbolische Darstellung von Pferden als schuldlosen Kriegsopfern steht. Die temperamentvolle Zeichnung könnte allerdings auch zum nächsten, noch nachhaltigeren Kriegserlebnis des Künstlers gehören, dem Russlandfeldzug von 1812.

Albrecht Adam, Regensburg 23./24. April 1809: morgens vor der Schlacht

Albrecht Adam, Regensburg 23./24. April 1809: vor der Schlacht

Albrecht Adam, Regensburg von Süden vor seiner Einnahme, 23. April 1809, Bleistift, 20 x 38,2 cm, Staatliche Graphische Sammlung München, 18781/83

Sämtliche Münchner Zeichnungen dieses Beitrags sind unveröffentlicht. Bis auf die Pferdeszene sind sie alle datierbar auf den 23. und 24. April 1809. Das ist möglich dank der Passagen aus Adams Selbstbiographie. – Ich habe mir erlaubt, die Abbildungen etwas kontrastreicher als die Originale erscheinen zu lassen, um sie besser lesbar zu machen. Für Regensburg und seine Geschichte dürften die Darsellungen von besonderem Interesse sein.

Die Zeichnung entsteht am 23. April 1809, an dem Adam gegen 8 Uhr „auf einer Anhöhe vor Regensburg“ ankommt und „das Opfer dieses Tages, die würdige alte Stadt im Glanze der Morgensonne“ erblickt. Ausgeführt vermutlich vor 9 Uhr, denn da beginnt die Schlacht.

Detail aus vorigem, linke Hälfte. Noch vor Beginn der eigentlichen Schlacht muss Adam die Zeichnung angefertigt haben. Nur wenige Reiter sind kaum erkennbar skizziert. Nach dem Nachtmarsch lagert vorne ein Soldat.

Herzlichen Dank an den hilfsbereiten Kollegen Dr. Timo Nüßlein, Haus der Bayerischen Geschichte, Regensburg, für die folgende Identifizierung von Gebäuden. Die 4 Bauten mit Türmen von links: St. EmmeramDreieinigkeitskirche – vermutlich Stift Obermünster (1945 zerstört) – nicht bestimmbar. Weiter rechts hinter dem ersten Oval eines angedeuteten Baumes wohl der Goldene Turm.

Detail aus vorigem, rechte Hälfte. Hier sind mehr Kavalleristen unterwegs, ganz flüchtig festgehalten als Stütze für spätere Erinnerung. Links am Klebstreifen der beiden Blatthälften sieht man den Dom, dessen erst halbhohen Türme nicht recht zu erkennen sind.

Laut Nüßlein schließen sich nach rechts an: RömerturmNiedermünsterkircheKarmelitenkirche St. Josef und mit erhöhtem Chor die ehem. Franziskanerkirche St. Salvator.

Kurze Ruhepause

Albrecht Adam, Regensburg 23./24. April 1809: Ruhepause

Albrecht Adam, Lagernde Kürassiere vor Regensburg, 23. April 1809, Schwarze Feder, 12,7 x 17,3 cm, bez. am 23ten April als am Tage der Kanonade vor Regensburg nach der Natur gez. und u. r. sign., Staatliche Graphische Sammlung München, 18782/43

Nach einem Marsch durch die Nacht hält Adam zwei müde Reiter und Pferde fest. Sie rasten im Süden vor der Stadt, wie sich aus dem Blick auf ihre östlichen Gebäude ergibt. Die Kampfhandlungen kommen in Gang. Pulverdampf steigt auf.

Dr. Nüßlein erkennt halb links die Kirche St. Josef des Karmelitenklosters und daneben mit gestuften Dächern St. Salvator.

Albrecht Adam, Regensburg 23./24. April 1809: die Folgen der Kanonade

Albrecht Adam, Regensburg brennend von Süden, 23. April 1809, Aquarell, 12,5 x 20,2 cm, Staatliche Graphische Sammlung, 18782/41

Adam schildert in seiner Selbstbiographie, wiedergegeben im vorigen Beitrag, wie die Kanonade Wirkung zeigt und Rauchsäulen himmelhoch aufsteigen. „Da ich das alles gleichsam vor meinen Füßen vor sich gehen sah und ein Plätzchen fand, wo ich ungestört zeichnen konnte, packte ich sogar meine Farben aus und entwarf an Ort und Stelle ein Aquarell von dem brennenden Regensburg.“ Dieses Blatt haben wir hier vor Augen. Halblinks der Dom mit dem unfertigen Turmpaar.

Albrecht Adam, Regensburg 23./24. April 1809: am Morgen nach der Schlacht

Albrecht Adam, Regensburg von Nordosten, 24. April 1809, Bleistift und schwarze Feder, 10,2 x 29,4 cm, Staatliche Graphische Sammlung München, 18781/w

Albrecht Adam über den 24. April

Nachdem der junge Künstler nachts beim Schlaf in Regensburg fast Opfer eines Feuers geworden ist, erinnert er sich in seiner Selbstbiographie (2018, 63 f.):

„Jedoch griff dasselbe [das Feuer am Morgen des 24. April] in der schönen, alten Stadt nicht weiter um sich. Dagegen tobte es fürchterlich in Stadt am Hof, das ganz niederbrannte. Morgens ging ich zeitig in die Straßen, die schöne Stadt Regensburg gewährte einen höchst traurigen Anblick. Auf der Donaubrücke räumte man die Leichen weg und warf viele derselben in die Donau hinab. In den Straßen und um die Mauern lagen ebenfalls noch viele Todte und Pferde. Am gräßlichsten aber sah es auf dem Friedhofe aus: hier war das Blut an den Wänden der Kapelle hoch hinauf gespritzt. Schwarzer Rauch entstieg noch immer den eingeäscherten Gebäuden und verdüsterte die Luft. Kurz, wohin das Auge sich wandte, überall Tod und Verwüstung. Ich zeichnete vieles und vergaß darüber den ganzen Tag Essen und Trinken. Es schien mir aber, daß ich jetzt den Krieg mit seinen Gräueln und Schrecken nahe genug gesehen.“

Dies ist eine der Zeichnungen des 24. April: von der Nordseite der Donau, nicht weit von dem verbrannten Vorort Stadtamhof, blickt Adam auf die Ostseite der Stadt. Man sieht den noch unvollendeten Dom und die berühmte Kulisse von Regensburg, die mitsamt der mittelalterlichen Steinernen Brücke, dem Salzstadel und Brückturm weitgehend erhalten ist. Dr. Nüßlein benennt noch links der Mitte den vermutlich Goldenen Turm und rechts mit Vorbehalt den Rathausturm.

Wer erkennt diesen Platz ?

Albrecht Adam, Vermutlich ein Platz in Regensburg, wahrscheinlich 24. April 1809, Bleistift auf blauem Papier, 13,1 x 27,9 cm, Staatliche Graphische Sammlung München, 18781/v

Zu den vielen gezeichneten Motiven, von denen Adam spricht, die er am 24. April nach der Einnahme von Regensburg festhält, gehört wohl auch diese Darstellung eines Platzes. Seine Identifizierung ist jedoch schwierig. Herr Nüßlein war ratlos. Uwe Moosburger, der große Kenner des alten Regensburg, denkt an den Fischmarkt. Dazu passe aber nicht die Kirche. Es könne auch die Kirche St. Andreas/St. Mang sein. Da gäbe es aber keinen Brunnen (mehr?). – Deshalb hoffen wir auf weitere Vertraute mit der Geschichte von Regensburg und ihre Stellungnahmen.