Albrecht Adam, BAIRACTAR, ein Weil-Marbacher Star – Werbeträger seit 1817 für Weil bis Marbach: Julius Schnorr nach Albrecht Adam, nach: Hügel-Schmidt 1861
In der Wüste geboren und aufgezogen, wird BAIRACTAR 1817 in Damaskus erworben. Im gleichen Jahr gründet König Wilhelm sein Kgl. Privatgestüt für die erste Vollblutaraberzucht außerhalb des Orients. Der Stammvater der württembergischen Araberzucht tritt hier in scheinbar orientalischem Umfeld auf. Es erinnert an den maurischen Stil der Wilhelma, an die von König Wilhelm errichtete Gartenanlage in Stuttgart. Man nannte sie nach dem Vorbild in Granada gelegentlich auch „Alhambra am Neckar“. Noch heute wirbt die Weil-Marbacher Araberzucht mit obigem Motiv.
Rudolf Kuntz, BAIRACTAR, Original-Araber der Linie Saklawi Jedran, lithographiert von Gottfried Küstner, Landesbibliothek Stuttgart
Obgleich ich mich bereits in meiner 50teiligen Beitragsfolge zur Araberzucht in Württemberg mit BAIRACTAR befasst habe, darf er hier nicht fehlen. Seine herausragende Erscheinung, die sich in vielen Nachkommen weitervererbt hat, am edelsten vielleicht in AMURATH I 1829, ist nach wie vor fast unübertroffen. Seit inzwischen über 200 Jahren lebt sie weiter, zuletzt in DSCHEHIM und SAID. Weltweit einmalig ist es, dass im Kgl. Privatgestüt und seiner Nachfolge in Marbach auf der Schwäbischen Alb sich die Zuchtlinien seit 1817 ununterbrochen nachverfolgen lassen. Auch dies ist ein Beispiel schwäbischer Gründlichkeit und Zuverlässigkeit.
Das noble Bild der württembergischen Araberzucht
Albrecht Adam führt BAIRACTARS Schönheit in fast tänzerischer Haltung vor Augen, um 1830, Gemälde in Privatbesitz, Foto AHW, Altshausen.
Der jugendliche Schwarze, der mit eleganter Leichtigkeit und einer Levade ein schönes Gegengewicht zu BAIRACTAR darstellt, ist vermutlich eine rein künstlerische Zutat von Albrecht Adam. Denn von Dunkelhäutigen in Weil ist mir nichts bekannt. Herzog Paul von Württemberg (1797-1860) dagegen, ein Cousin von König Wilhelm, Naturforscher und Weltreisender, hatte sich „aus dem Morgenland“ vier jugendliche Schwarze mitgebracht. Mit ihnen tritt er als „Fürst der Wüste“ und Anführer der Sarazenen 1846 bei dem „Caroussel“, dem Reiterfest zu Ehren der Ankunft von Königin Olga, im Kgl. Reithaus auf. (Unbegreiflich ist es, dass das neben der Oper liegende Reithaus – Giovanni Saluccis letztes Werk in Stuttgart – trotz bester Erhaltung 1959 zerstört wird.)
Lithographenwettstreit in Farbe und Schwarzweiß
Gottfried Küstner, Lithographie nach Albrecht Adams Gemälde, u. Mitte bez. „Colorirt v. J. Renz in Stuttgart“, Blatt 48 x 57,5 cm, Bild 40 x 50 cm, Foto Wikimedia
Franz Adam, Lithographie nach Albrecht Adam, Detail, Staatsgalerie Stuttgart
Detail aus vorigem. Man kann verstehen, dass König Wilhelm 1838 nach dem Tod von BAIRACTAR diesen Ausnahmehengst nicht einfach verscharren lässt. Er überweist ihn an die „Thierarzeneyschule“, die sein Skelett über Generationen hütet. In deren Nachfolge hat es die Universität Hohenheim als Dauerleihgabe dem Marbacher Gestütsmuseum überlassen.
Haupt- und Landgestüt Marbach, Gestütsmuseum Offenhausen: BAIRACTAR zweifach, als Skelett und Wandbild, beides in guten Händen von Dr. Astrid von Velsen-Zerweck, die das über 500 Jahre alte Gestüt als erste Frau seit 2007 leitet.