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Reithaus – 1959 Abbruch eines Salucci-Baues an der Neckarstraße. Heute ist die Zerstörungstat nicht zu verstehen, auch wenn sie typisch ist für ihre Zeit.
König Wilhelms Lieblingsthema ist die Welt seiner Vollblutaraber. Fast wirkt es so, als blicke er von der Alten Staatsgalerie in Richtung seines Reithauses und Leibstalles. Zu seiner Zeit werden dort ununterbrochen edle Vollblutaraber umsorgt und gefeiert. Auch König Wilhelm würde sich heute fragen: „Und wo sind die Pferde geblieben?“
Leichte Schäden im Krieg
Reithaus, 28. Januar 1959, Fassade von 1913 gegenüber vom Opernhaus – kurz vor dem Ende der Abbrucharbeiten, Foto VBA.
Das Reithaus 1945 von der Parkseite mit glimpflichen Kriegsschäden, Foto Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart.
Ich gestehe: dieses Bild und die folgenden treffen bei mir auf einen fast etwas masochistischen Zug. Es schmerzt mich sehr und jedesmal erneut, wenn ich eine Wiedergabe des Reithauses sehe. Denn dass ein der Stadt so gut zu Gesicht stehender Bau – und dabei auch noch gut erhalten – der B14 und der freien Sicht auf den Landtag geopfert wird, kann ich kaum fassen. Was sagte 1958/59, was sagt heute das Denkmalamt dazu?
Reithaus 1945 wie zuvor, Foto Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart.
Im Grunde könnte ich mich hier auf eine Aufnahme beschränken. Doch meine ich, alle verfügbaren sollen bekannt sein. Auch als abschreckendes Beispiel. Bedauern, Unverständnis und Unmut können helfen in analogen Fällen anders zu entscheiden.
Außerdem sollen die Freunde des Architekten Giovanni Salucci, dem die Stadt so viel zu verdanken hat, mehr als bisher von seinem letzten Werk erfahren. Denn wegen des traurigen Schicksals dieses Gebäudes wissen überhaupt nur noch wenige von seiner 120jährigen Geschichte in der Stadt.
Reithaus an der Neckarstraße/B14, um 1955, Foto VBA.
Willentliche Zerstörung 1958/59
So gut wie unversehrt über den Krieg gekommen, hat der distinguierte Bau bald der freien Sicht auf den Landtag und der Verbreiterung der B14 zu weichen. Vor ihm steht eine Tankstelle, die man an der Stelle von Nebengebäuden der Carlsakademie errichtete – gegenüber von dem heutigen Erweiterungsbau der Landesbibliothek. Hinter dem Reithaus sieht man in der Ferne die Münze, die gleichfalls bald abgerissen wird, um die schmucke Gebhard-Müller-Kreuzung entstehen zu lassen.
Reithaus, 8. Dezember 1958, Beginn der Zerstörung. Nach dem Krieg als Kino benutzt und als Kulissenhaus vom Staatstheater, wird das Reithaus 1958/59 beseitigt, Foto VBA.
18. Dezember 1958: Reithaus, halb skelettiert, Foto VBA.
20. Dezember 1958: Reithaus, Foto VBA.
Wegen seiner soliden Bauweise muss das Reithaus partiell gesprengt werden. Surrealistisch: ein fast kompletter Teil des Dachstuhls sackt um ein Stockwerk herab.
27. Januar 1959: Reithaus, fortschreitender Abbruch, Foto VBA.
Jenseits der Baubaracken ist der Rosengarten mit seinen Skulpturen aus der Zeit um 1850 zu sehen. Auch das wird bald zerstört zugunsten eines formidablen Eckensees.
Ein schmerzlicher Vergleich zum Schluss
Reithaus, Schmalseite zur Oper hin, Foto 1937, Landesmedienzentrum B-W.
Reithaus, 28. Januar 1959, Foto VBA.
Der Abbruch nähert sich dem Ende.