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Reithaus – ein Spätwerk von Giovanni Salucci neben der Carlsakademie an der Neckarstraße.
BAGDADI, Albrecht Adam, 1829, Württ. Landesbibliothek Stuttgart. – Der Schimmel-Hengst kommt 1823 im Gestüt zur Welt von GOUMOUSCH BURNU aus der Schimmel-Stute ZUBIAL, einer Tochter von TAJAR und MURANA I.
Das Kgl. Reithaus bzw. die Reithalle ist für die kgl. Familie da, dient aber vor allem der Bewegung der Vollblutaraber des Leibstalles. Außerdem finden darin Festlichkeiten statt. Deshalb starte ich mit diesem edlen, gesattelten Schimmel, der gerade zu seinem Reiter geführt wird.
Reithaus in rechtem Winkel zur Neckarstraße
Reithaus, 1. Entwurf eines rechteckigen Baus, Giovanni Salucci, 1836, Foto und Sammlung Ludwigsburg Museum, Inv.Nr. 1646.
Zunächst schlägt Salucci eine anspruchsvolle runde Reithalle vor (Salucci 1995, 95, X.1). Dann wünscht wohl König Wilhelm zunächst eine Reithalle, die nicht entlang der Neckarstraße, sondern in rechtem Winkel zu ihr steht. Das heißt, sie wäre parallel zu den Flügeln der Carlsakademie errichtet worden und stünde heute auf dem Gelände des Landtags. Daher zeigt die schöne Visualisierung oben die Seitenfront neben dem Leibstall des Königs. Es ist die Ansicht von der Seite des Neuen Schlosses. Die Straßenfront unten ist etwas aufwendiger gestaltet. Vier Pferdemedaillons verdeutlichen die Bestimmung des Gebäudes.
Das Blatt stammt aus der Sammlung von Christian Friedrich Leins (1814-1892), der später die Villa Berg und den Königsbau errichten wird.
Reithaus entlang der Neckarstraße
Reithaus, Giovanni Salucci, 1836, Foto und Sammlung Universitätsbibliothek Stuttgart, Nachlass Salucci, Inv.Nr. Salu062 (Salucci 1995, 97, X.4).
Dieser zweite Vorschlag für die Errichtung des Baus entlang der Neckarstraße gelangt zur Ausführung.
Aus dem umfangreichen Dokumentenfundus zum Reithaus biete ich als Kostprobe eine Seite. Es handelt sich um die Kostenkalkulation der Grundmauern. Sie ist zu finden im Faszikel Neubau Reithaus 1836-55, Staatsarchiv Ludwigsburg, Bestand E 19, Büschel 419.
Reithaus beim Caroussel 1846
Lageplan und Grundrisse des Reithauses, Christian Friedrich Leins nach Giovanni Salucci, Ausschnitte aus der 2. Tafel des „Caroussels“ von 1846. Die Maßangaben dort und die Hinweise von Friedrich Wilhelm Hackländer in württ. Fuß ergeben eine Länge des Reithauses von rund 63 m. Die Breite beträgt 30 m und die Höhe der Zuschauertribüne 4 m. Ein überdachter, 7,6 m langer Zugang führt zum benachbarten Leibstall in der Carlsakademie.
Zoller 1841, 27 schreibt zu dem Bau, er „darf mit Recht eine der schönsten, jetzt existierenden Reitschulen Europa‘s genannt werden.“
1841 sind im Marstall an der Königstraße 181 Pferde untergebracht. Die Leibreitpferde stehen „zum größern Teil im Leibstalle in den Schlossnebengebäuden [= Flügel der Carlsakademie neben dem Reithaus], zum kleineren Teil im Marstalle“.
Die Reithalle an der Neckarstraße in durchgehender Bauflucht mit der Carlsakademie, um 1840, Foto und Sammlung Württ. Landesbibliothek Stuttgart.
Allerdings ist die Darstellung des Gebäudes etwas zu schmal und zu hoch geraten.
Nach dem Brand des Hoftheaters Ende Januar 1902 wird in der Nähe des Reithauses sofort ein Interimsbau errichtet. Bereits nach knapp 9 Monaten eröffnet die Ersatzoper am 12. Oktober 1902, Foto 1905, Haus der Geschichte. – Man will das kaum glauben angesichts der verstreichenden Jahre vor der jetzt anstehenden Opernsanierung.
Da König Wilhelm I sich beim Reithaus für einen Bau entlang der Neckarstraße entschieden hatte, kann das Übergangstheater neben dem nördlichen Flügel der Carlsakademie realisiert werden. Über dessen Zugang erkennt man den Schriftzug „K. Leibstall“.
„Abschiedsfoto“ vom Reithaus
Die Entscheidung von König Wilhelm, das Reithaus entlang der Neckarstraße zu errichten, betont deren Charakter als 2. Prachtstraße Stuttgarts neben der Königstraße. Kurz danach entstehen dort stattliche Bürgerhäuser sowie die Münze und dieser gegenüber das Museum der Bildenden Künste, die Alte Staatsgalerie.
Reithaus: ein Spätwerk von Giovanni Salucci – steht nach rund 120 Jahren in perfektem Zustand da. Diese Aufnahme vom Oktober 1958 wirkt wie eine Art Abschiedsfoto, nach: Salucci 1995, 97.
Reithaus, um 1955, Foto VBA.
Wohl auch im Zusammenhang mit Max Littmanns 1912 eröffneten Staatstheater erhält das Reithaus 1913 ein Mansardendach mit Dachgaupen. Damit wird es dem Erscheinungsbild der Carlsakademie angeglichen. Außerdem erhält die Schmalseite zum neuen Opernhaus hin einen Säulenportikus samt Dreiecksgiebel, um den Bau monumentaler wirken zu lassen. Das geht allerdings auf Kosten von Saluccis Einfachheit und Klarheit.