Canovas Grazien heute in der Staatsgalerie Stuttgart. Eine Ausnahme unter den von König Wilhelm gewünschten „Bildsäulen“ bildet die Dreiergruppe der Grazien, inzwischen herrlich präsentiert in Stirlings Rotunde.
Das in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu stattlicher Zahl angewachsene Ensemble von Statuen im Schlossgarten ist durch den 2. Weltkrieg und seine Folgen sehr geschrumpft. Ein überlebendes, ganz besonderes Werk hat zum Glück einen anderen guten Aufstellungsort gefunden: nicht im guten, alten Museum der bildenden Künste, sondern an prominenter Stelle in seinem Erweiterungsbau, der Neuen Staatsgalerie von James Stirling.
Grazien in Lyon und St. Petersburg
Antonio Canova, „Drei Grazien“, 1814-17, St. Petersburg, Eremitage, Foto Wikimedia
Die ganz aufeinander bezogenen Begleiterinnen der Venus sind selbst Göttinnen der Schönheit. Als Grazien repräsentieren sie die Anmut, die der Wahrnehmung von Schönheit günstige Voraussetzungen schenkt. Sie verkörpern und heißen im einzelnen Euphrosyne (Frohsinn), Aglaia (Glänzende/Pracht/Herrlichkeit in der Mitte) und Thalia (Festfreude). Das Liebkosende des Umgangs der schwesterlich verbundenen Gestalten färbt auf die Wahrnehmung des Betrachters ab, wenn er den Formen und Bewegungen dieses Reichtums an Anmut folgt.
Grazien 1952 im Schlossgarten
Grazien seit 1984 in der Rotunde
Canovas unübertroffenen Dreiklang weiblicher Schönheit bestellt König Wilhelm wohl auch als dezidiert zeitgenössische Position in seinem Reigen von Antikenkopien. Denn die jugendlich schlanken Gestalten sind in ihrem innigen Umgang miteinander auch eine klassizistische Antwort auf das Schönheitsideal der etwas stattlicheren antiken Statuen.