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Reiterspiel/Caroussel 1846: Kampfspiele gegen Schluss. Das lässt sich entspannt betrachten mit den Orientalen im Vordergrund. Sieger oder Besiegte gibt es nicht. Es geht um die Vorführung von prächtigen Vollblutarabern, um Reitkünste und schöne Kostüme. Ziel der Veranstaltung ist es, eine hinreißende Schau aus der Welt des romantisch verklärten Mittelalters zu bieten. Ehemals brutale Kämpfe verwandeln sich in die Attraktivität eines Turniers gleichrangiger und gleichgesinnter Mitglieder einer Hofgesellschaft.
An den Anfang stelle ich einen angriffslustigen Beduinen aus dem Gefolge des Chronisten Friedrich Wilhelm Hackländer, gezeichnet von Johann Baptist Zwecker, Ausschnitt aus Tafel 27.
Kronprinz Karl als weißer Ritter
Dazu Hackländer: „Die zweite Abtheilung beginnt mit dem Einzuge sämmtlicher Ritter, die an den Kampfspielen unter einander und gegen die Saracenen theil nehmen.“ Er beschreibt dann eine ganze Reihe einzelner Kampfszenen mit unterschiedlichen Gruppen von Reitern.
Zu diesem Ausschnitt aus Tafel 28 passt der Text: „Schwerter kreuzten sich mit Säbeln und die Harnische glänzten zwischen den langen Mänteln. Bald griffen zwei Saracenen einen Ritter an, bald jagten zwei Ritter einen Saracenen vor sich her. Den Mittelpunkt dieses malerischen Treffens bildet der Kronprinz in seinem schneeweissen Costüme auf dem prachtvollen Schimmelhengst …“
Ausschnitt aus Tafel 28 nach dem Faksimile von 1985.
Ein weiterer Passus von Hackländer: „Rosse stampften, Schwerter klirrten, rings wirbelte der Staub empor und jedes Auge that einen vollen Blick zurück in das alte romantische Land: Abendländer und Morgenländer, grimmig streitend um den Besitz einer Fussbreite vom heiligen Lande; hoch aus dem Gewühl ragte heute wie damals Helmbusch und Feldzeichen des Württembergers.“
Kampf der Religionen als Reiterspiel
Tafel 28: Kampfspiel aus dem 2. Teil des Caroussels, gezeichnet von J. B. Zwecker.
Der romantische Reiterkampf zwischen Morgen- und Abendländern spielt sich unter Palmen ab. Diese dürften aus der Wilhelma, dem damals privaten Lustgarten des Königs stammen. Dort findet sich auch eine verwandte orientalische Architektur, die den Monarchen beglückt. Und zwar so sehr, dass er in seinem „Maurischen Haus“ auch wohnt.
Königliche Pferde – königliche Freude
Tafel 28 nach dem Faksimile von 1985.
Hackländer beschließt seine genaue Beschreibung des sich anschließenden Ausbruchs der Ritter, „die ihr verschanztes Lager gegen die Saracenen nicht mehr halten können. … Es war ein äusserst belebtes Bild, der Kern von geschlossenen Pferden und geharnischten Reitern, langsam dahin ziehend und auf allen Seiten umgeben von den rastlos angreifenden Saracenen und Beduinen in ihren bunten, flatternden, glänzenden Trachten.“
Man darf annehmen, dass König Wilhelm mit ähnlicher Freude wie die hier entspannt anwesenden „Orientalen“ das Reiterspiel verfolgt. Mit Stolz wird ihn dabei der überwältigende Eindruck seiner Vollblutaraber erfüllt haben. Sonstige Beteiligte haben das ähnlich empfunden. Wäre dem nicht so, gäbe es die hier präsentierte Mappe mit ihren 28 Bildtafeln nicht. Natürlich ist sie auch eine Huldigung gegenüber der zweiten Kronprinzessin aus dem Zarenhaus. Die erste war für König Wilhelm, der sich bei diesem Anlass gewiss daran erinnert, seine zweite Gemahlin Katharina, eine begeisterte Reiterin und Araberfreundin wie er. Sie hatte er 30 Jahre vor diesem Reiterfest bzw. Caroussel geheiratet.
Wie eingangs: Beduine aus dem Gefolge von Hackländer, gezeichnet von J. B. Zwecker, Ausschnitt aus Tafel 27.