Albrecht Adam, Russland 1812, Smolensk – 16. bis 22. August: Napoleon vor der brennenden Stadt, 1836, Öl auf Leinwand, u. l. sign. und dat., 59,7 x 78,5 cm, Foto Wikimedia
Jahrzehnte nach den Ereignissen liebt Adam die Darstellung Napoleons als Reiter auf Anhöhen vor brennenden Städten. So lassen sich der Sieger und die zur Ruhe gekommene Schlachtsituation eindrucksvoll miteinander verbinden. Zu besonderer Geltung kommt dabei die Schönheit der Araberschimmel in fast tänzerischer Bewegung.
Adams Tagebuch von 1812 spricht von anderem (2018, 144ff.): „Am Abende der Schlacht gewahrte man von unserm Lagerplatze aus ein schauerlich schönes Schauspiel: die Stadt stand in hellen Flammen und die glühende Abendsonne vermischte ihre Strahlen mit der Gluth des Brandes. … Am folgenden Tage wurde die Stadt genommen. Die Russen hatten sie verlassen … Napoleon ritt in Smolensk ein. Bald verließ der Feind auch diese Stellung und entschlüpfte aufs neue. Abermals war für Napoleon die Hoffnung auf einen entscheidenden Schlag, auf einen glänzenden Sieg dahin. …
Von der Atmosphäre, in welcher wir in den Ruhetagen bei Smolensk lebten, läßt sich, so heiter der Himmel auch war, nicht viel Erfreuliches sagen: die noch immer rauchende Brandstätte und der Aasgestank der vielen todten Pferde und Leichname, welche alle unbeerdigt liegen blieben und bei der großen Hitze in vierundzwanzig Stunden schwarz waren und in Verwesung übergingen, verpesteten die Luft …“
Albrecht Adam, Vor der Schlacht, Nach der Natur gezeich: den 18ten August vor Schmollenck, Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.Nr. 18783/84
Die Zeichnung macht Adam frühmorgens vor dem Fall der Stadt. Es ist die Vorlage zu Voyage pittoresque, Nr. 52: Feldlager in der Umgebung von Smolensk. Alles sieht nach ruhiger und sorgfältiger Vorbereitung aus. In der Distanz zum eigentlichen militärischen Geschehen kann der “Schlachtenmaler“ eine bildartige Komposition fertigstellen.
Kommentar zur Lithographie in Adam 1828/2015, 133: „… Der vorderste Wagen … scheint einem Marktender bzw. einer Marketenderin zu gehören, da einem Gardisten ein Glas aus dem Wagen gereicht wird. Neben einem anderen Soldaten (mit Lagermütze und kurzen Haaren), der einen Wassereimer hält, steht eine Frau … Ein dritter Soldat … trägt Wasser in einer Schüssel auf dem Kopf … Ein Dragoner (wohl von der königlichen Garde) verrichtet zu Fuß den Wachdienst …“
Ein Soldatenschicksal in Nahsicht
Albrecht Adam, Voyage pittoresque, Nr. 55: Vor Smolensk, den 18. August, 30,5 x 34 cm, Landesbibliothek Stuttgart
Adams vielleicht bekannteste Lithographie seiner Darstellungsfolge zum Russlandfeldzug zeigt (lt. Adam 1828/2015, 138) einen verwundeten französischen Stabsoffizier, der von einem Grenadier und einem Husaren des 8. Regiments, erkennbar an seinen Zöpfen, auf einem Gewehr weggetragen wird. Die Szene spielt vor Smolensk, von wo Rauchwolken aufsteigen.
Innerhalb der Militärmalerei gibt es verschiedene Kategorien. Es geht hier nicht um ein Schlachtenbild, sondern um eine Szene nach dem Kampf. Dieses sog. Soldatenstück zeigt menschliches Elend und Hilfe. Zugleich präsentiert sich Adam als hoch qualifizierter Pferdemaler.
Albrecht Adam, Voyage pittoresque, Nr. 57: Bivac in der Umgebung von Smolensk am 19. August 1812, 22,0 x 32,5 cm, Landesbibliothek Stuttgart
Eine “pittoreske“ Szenerie. Gleichwohl ist das Hauptthema das Elend nach der Schlacht. Hunger, Hitze tagsüber, große Kälte nachts, Demoralisierung der Truppen. Kommentar in Adam 1828/2015, 140: „Das Blatt zeigt wieder Ehrengarden im Biwak …der Betrachter [kann] sich den erschöpften und ausgelaugten Zustand der Soldaten vorstellen… Lediglich die Uniformierung der [italienischen] Gardisten wirkt noch einigermaßen intakt…“
Linke Seite eines Doppelblattes
Albrecht Adam, Voyage pittoresque, Nr. 58: Smolensk von Norden am 19. August 1812, 33,5 x 28,0 cm, Landesbibliothek Stuttgart
Die trostlose Situation eines Pferdes bei der Leiche seines Reiters verwendet Adam 1834 als Symbol für diesen Krieg.
Kommentar in Adam 1828/2015, 144: „Von der Smolensker Vorstadt auf dem rechten (nördlichen) Dnjepr-Ufer führen zwei Hauptstraßen weg: Die eine geht in nördlicher Richtung nach Petersburg (hier im Vordergrund – mit den Obelisken …) Durch die Obelisken scheint gerade das Regiment (bzw. die Dienstschwadron) der Grenadiere zu Pferd der Kaisergarde zu kommen. … Vorne links vom Obelisken, steht wahrscheinlich Eugène und empfängt Ordres von Napoleon (erkennbar an dem quer aufgesetzten Zweispitz) …“
Rechte Seite des Doppelblattes
Albrecht Adam, Offiziere der Grande Armée nach der Natur gezeichnet vor Schmollenz morgens den 22 August 1822, Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.Nr. V.64
Die Szene spielt nach der Einnahme von Smolensk am 17. und 18. August. Sie dient als direkte Vorlage zu Voyage pittoresque, Nr. 59. Napoleon hatte auf eine Entscheidungsschlacht gehofft. Die Russen verlieren. Sie entweichen jedoch geordnet nach Osten.
Adam 2018, 145: „Prinz Eugen besetzte nämlich die von den Russen verlassenen Anhöhen jenseits des Dnieper, von wo aus uns ein imposanter Anblick über das ganze zu Theil wurde. Ich fand Zeit, eine gründliche Zeichnung der Stadt … zu machen. Hier verweilten wir vom 17. bis 20. August …
In dem Garten des armseligen Hauses … zunächst der durch zwei Pyramiden bezeichneten Barriere an der Straße nach Petersburg … errichtete ich mir an einem schönen Punkte eine eigene Hütte mit Tisch und Bank aus Brettern, welche ich mit meinem Diener zusammentrug. Hier fühlte ich mich sehr behaglich und machte mich an das Werk, Mehreres, was ich bisher nur mit flüchtigen Strichen entwerfen konnte, ins Reine zu bringen …“
Dazu könnte auch dieses Blatt gehören.
Albrecht Adam, Voyage pittoresque, Nr. 59: Vor Smolensk am 20. August 1812, 25,5 x 20,0 cm, Landesbibliothek Stuttgart
Gleicher Standort Adams und Ansicht von Smolensk wie die rechte Hälfte von Nr. 58 (Adam 1828/2015, Abb. S. 294). Das Datum weicht wohl zurecht von der Vorzeichnung in München ab. Kommentar in Adam 1828/2015, 145: „Das Lager scheint am Rand der abgebrannten Vorstadt zu liegen. Die beiden linken Männer sind wahrscheinlich Ehrengardisten (beide tragen Säbel), wobei der ganz links stehende eine einfache Lager- oder Nachtmütze aufhat, hingegen der zweite Mann von links eine Feldmütze … Auch die beiden rechts stehenden Männer dürften zu den Ehrengarden gehören (wegen der Tressen am Kragen). …“