Planie – Scharnier zwischen Schlossareal und Stadtkern
„… in Paris sind die Strassen immer so voll von Leuten, als wie in Stuttgardt am Sonntags die Planie, ja noch völler“, schreibt der junge, zur Weiterbildung nach Paris gesandte Stuttgarter Maler Gottlieb Schick (1776-1812) am 2. November 1798.
Ab 1775 wird der 8 m breite und tiefe Schlossgraben beim Alten Schloss aufgefüllt und ab 1778 der ganze Bereich zwischen heutigem Kunstmuseum und Wilhelmspalais/StadtPalais neu gestaltet. Verantwortlich dafür ist Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer (1746-1813), seit 1775 „Professor für Civilbaukunst“ an der Militärakademie der Hohen Carlsschule, ein unehelicher Sohn von Herzog Carl Eugen. 1782, aus Anlass des Besuchs des russischen Großfürstenpaares (des künftigen Zaren Paul I. und seiner schwäbischen Gemahlin Maria Feodorowna, einer Nichte des Herzogs) wird alles planiert – daher der Name Planie. (Im Französischen heißen entsprechend niedergelegte ehem. Festungsbereiche oft Esplanade.) Fischer lässt dort 2 bis 4 Reihen auf der Solitude gezogene Kastanien anpflanzen, die bald als dichtes grünes Band zwischen alter Stadt und Neuem Schloss fungieren.
Mit der Planie entsteht die erste, stattliche Promenade der Stadt, beliebt bei den Bürgern, wie schon Schick bezeugt, ein idealer Ort zum Flanieren vor der Anlage des Schlossgartens und darüber hinaus für mehr als 150 Jahre.
Im 3. Reich muss die Planie als eine besondere Straße der Stadt den Namen Adolf-Hitler-Straße tragen.
Beim Stadtflügel des Schlosses öffnet sich die Planie zu einem Halbrund. Die dortige Allee führt zum Dorotheenplatz. Ihr entspricht auf der Gartenseite des Schlosses der „Epaulettesee“ und die Parkachse in Richtung Neckar. Die klare stadträumliche Situation wird bereichert durch den Dreiecksplatz mit Bassin beim Waisenhaus und die gegenläufige Wegführung auf der anderen Seite der Planie zur Fürstenstraße hin.
Vogelschau auf das Schlossareal und dahinter die Planie
Die berühmte Vogelschau von Nikolaus Thouret zeigt oben die dichten Baumreihen der Planie. Anstelle der wenige Jahre zuvor noch halbkreisförmigen Einfassung des Schlossplatzes mit Baumreihen ist nun eine rechtwinkelige getreten. Das vergrößert die freie Platzfläche und passt auch besser zur kerzengerade verlaufenden Planie.
Links sieht man die Ausrichtung der künftigen Neckarstraße, rechts noble Häuser an der jungen Königstraße.
Erhalten sind von allem nur Neues Schloss, Altes Schloss, Waisenhaus und der Baumkranz (mit Löwenbrunnen) der Carlsakademie.
Die Planie heute
Zwar ist der Abriss des Kronprinzenbaus, der Planiedurchbruch und die
Errichtung des Kleinen Schlossplatzes etwas geheilt durch das Kunstmuseum, aber die Verkehrssituation, vor allem die Tunneleinfahrt beim Karlsplatz, bleibt höchst belastend.
Der Verzicht in der Nachkriegszeit auf die langen Baumreihen, die Verbreiterung der Straße auf 6 Spuren, vor allem die Untertunnelung und die Aufgabe der geradlinigen Verbindung zur B14 schaffen zwar Luftigkeit, aber mehr noch unklare räumliche Bezüge.
Spaziergänger sind in dieser wichtigen Querachse des Tals nicht mehr zu finden. Sie dient fast nur noch, genauso wie der Akademiegarten, der zielstrebigen Durchquerung.
Kinderfreude im Vorfrühling 2018. – Dieses wie andere Fotos der Planie Foto wurden im März gemacht, damit nicht das Grün der Bäume die Stadtstruktur verdeckt.