Albrecht Adam, Russlandfeldzug 1812, Borodino III: Entwurf zu einem Bilde von der Schlacht an der Moskawa bei Borodino 1812 (hdschr. Vermerk), Bleistift und Feder57,5 x 200 cm, Staatliche Graphische Sammlung München, Inv. Nr. 18895

Die weitgehend ausgearbeitete, bildgroße Darstellung ist bisher unveröffentlicht. Lange Jahre nach dem faszinierend-schrecklichen Erlebnis dieser Schlacht erhält Adam wiederholt den Auftrag, sie für Zeitgenossen und Nachfahren festzuhalten. Ähnlich wie in dem großformatigen Gemälde für den Schlachtensaal von König Ludwig I. von Bayern in der Münchner Residenz geht es ihm hier nicht um einzelne Details. Die undurchschaubare Kampfsituation insgesamt ist sein Thema – die ausweglose Lage aller Beteiligten.

Nach zwei relativ ruhigen Tagen bei Borodino kommt es am 7. September 1812 zur großen Schlacht, die diesen Namen traurig-berühmt gemacht hat. Von morgens bis 16 Uhr dauern Angriffe und Gegenangriffe. Bei Borodino findet die vermutlich verlustreichste militärische Auseinandersetzung eines Tages im 19. Jahrhundert statt. Die geschätzte Zahl der Toten schwankt zwischen 60 und 90 Tausend. Zwar geht Napoleon als taktischer „Sieger“ aus den Kämpfen hervor, da sich aber der russische Feldherr Michail Kutusow danach mit seinen Truppen nach Osten zurückzieht, kann er daraus mit seinem stark geschwächten Heer keinen Triumph machen. Napoleon verliert wieder nur Zeit und viel von der restlichen Stärke seiner Armee. Brände und Zerstörung lassen die entweichenden russischen Truppen zurück, sodass die verstümmelte, demoralisierte Grande Armée nur schlimmste Verhältnisse vorfindet.

Ob es zur Ausführung des Gemäldes kam, ist unklar. Wahrscheinlich aber nicht, denn es wäre bei seiner Größe vermutlich vielfach gewürdigt worden. Aber es könnte auch eine Situation geben wie bei der oben aufgetauchten Darstellung des Übergangs über den Wop.

Linke Seite der Schlacht bei Borodino: Kampfgedränge zu Füßen eines Hügels mit einer Kanone, weiter rechts ein weiteres Geschütz in der Nähe eines Munitionswagens mit Reserverad und einem losgaloppierenden Offizier.

Hauptszene: fünf aufbrechende Generale und gestürzte Pferde

Mittlerer, mit schwarzer Feder übergangener Teil der Schlacht bei Borodino. Dies ist wohl das Hauptmotiv für den Künstler. Auf ansteigendem Gelände wird der Befehl zu einer erneuten Attacke seitens der Franzosen gegeben. Vorne ein gestürztes Pferd mit Reiter. Es könnte ein Stallmeister von Prinz Eugène sein mit Namen Bellisoni, dem das Pferd unter dem Leib erschossen wurde. Dies und vieles mehr schildert Adam in seiner Selbstbiographie (2018, 154 ff.) sehr ausführlich und anschaulich. Die Lektüre ist sehr zu empfehlen, weil sie seine bildlichen Darstellungen noch weiter mit Leben füllt und seine Qualitäten auch als Schriftsteller offenbart. Vgl. die Lithographien Nr. 69 bis 84 der Voyage pittoresque, die Borodino, seine Umgebung und die Schlacht zum Thema haben.

Rechter Teil der Schlacht bei Borodino. Dazu Adam 2018,155: „Der Boden aber war von Leichen und Verwundeten übersät. So begann der verhängnisvolle Tag und so dauerte er fort; es war ein ununterbrochenes Hin- und Herwogen des Kampfes, ein gegenseitiges gräßliches Morden. Der Kampf wurde von beiden Seiten mit einer fast beispiellosen Erbitterung und Hartnäckigkeit geführt. Die Russen standen wie Mauern unter dem Feuer und den ungestümen Angriffen der Franzosen. Tausende von Leichen deckten die blutgetränkte Erde …“