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Gestüt Weil – Ausklang und Zukunft in Marbach. Das ist die Situation im Jahr 1932 und noch heute.
Noch dreimal Schlösschen Weil zum Abschluss
Schlösschen Weil gegen Westen, Anton Braith (1836-1905) und Julius Schnorr, nach: Schmidt 1865.
Muntere Prachtstuten drängen über den noch vorhandenen Entwässerungsgraben auf die Weiden. Im Hintergrund sind zwischen Bäumen das Oberstallmeisterhaus und der Hengststall sowie der Weiler Berg auszumachen. Die Darstellung verdeutlicht die ursprüngliche Funktion des Landhauses. Es ist Mittelpunkt von König Wilhelms Privatgestüt und bietet die Möglichkeit zur entspannten Betrachtung edelster arabischer Pferde.
Schlösschen Weil von Nordwesten, Friedrich Keller, um 1840, Foto und Sammlung Württ. Landesbibliothek Stuttgart.
Schlösschen Weil mit Esslingen im Hintergrund, Stahlstich, 1861, Foto und Sammlung Städtische Museen Esslingen.
Ein schweres landeskundliches Vergehen trotz lieblicher Kolorierung. Hier wird man nicht zum Baden aufgefordert. Vielmehr hat sich im weit entfernten Frankreich ein Verleger erlaubt, Stuttgart und Weil dem Badischen zuzuordnen. – Man stelle sich heute den umgekehrten Fall vor: Baden-Baden in Baden würde als Ort in Württemberg bezeichnet! Würde nicht damit der Fortbestand des Bundeslandes Baden-Württemberg in Frage gestellt?!
Gestüt Weil nach König Wilhelm I
Schwer erkrankt verbringt der 83jährige König sein Lebensende vor Augen auf Schloss Rosenstein, das wie Schlösschen Weil ein Bau von Giovanni Salucci ist. Seit rund einem halben Jahrhundert an Vollblutarabern und seinem Privatgestüt leidenschaftlich interessiert, unternimmt er seinen letzten Ausflug durch das damals schöne Neckartal nach Weil. Zwei Tage später stirbt er am 25. Juni 1864. Am Abend zuvor sagt er noch zu seinem Ersten Stallmeister und Freund Graf Wilhelm von Taubenheim, wohl auch im Hinblick auf seine Gestütshöfe: „Es ist doch schmerzlich, von einem so schönen und guten Lande scheiden zu müssen!“ (nach: Waiditschka 2017, 176).
Weil, Projektplan des Rennplatzes, 1880, Foto und Bestand AHW, Altshausen, Büschel 2874.
König Wilhelms Sohn, König Karl (1823 -1891, reg. seit 1864), kümmert sich nicht sonderlich um die Zucht des Arabischen Vollbluts. Unter seinem Nachfolger König Wilhelm II (1848-1921, reg. 1891-1918) entsteht 1892 eine Rennbahn auf den südlichen Weiden von Weil. Die gelbe Hauptachse führt direkt auf das Kgl. Landhaus in rot zu. Der Weg von den Stutenställen führt über die kleine Brücke auf die damalige Weidefläche, wie es die obige Abbildung von 1865 zeigt.
Herzog Wilhelm von Württemberg am 29. September 1921, nach: Lengerer 2004, 22.
Gut 100 Jahre nach Gründung des Kgl. Privatgestüts findet mit der Abdankung von König Wilhelm II. im November 1918 die kaum ältere Monarchie in Württemberg ihr Ende. Den beliebten und volksnahen ehem. König zeige ich in seiner letzten Aufnahme, entstanden drei Tage vor seinem Tod. Wie Wilhelm I ist er ein ausgesprochener Pferdefreund. Mit seinem Namen verbindet man das „Schwäbische Ascot“ bei Esslingen.
Verfügung Wilhelms I
König Wilhelm I wünschte, dass seine Zucht edler Araber nicht aufgelöst werden solle. Nach dem Tod des abgedankten Königs Wilhelm II pachtet ab 1821 seine Tochter Pauline Fürstin zu Wied (1877-1965) das Gestüt und wohnt bei Bedarf in Weil im früheren Oberstallmeisterhaus. Dank dieser großen Pferdeliebhaberin und ihrer züchterischen Ambitionen erfährt das Gestüt einen neuen Schub. Noch 1930 erwirbt sie den exquisiten Hengst JASIR. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 jedoch und ihre Folgen überfordern die Möglichkeiten von Fürstin Pauline. So überantwortet sie das Gestüt ihres Urgroßonkels König Wilhelm I 1932 an das Haupt- und Landgestüt Marbach. Dort wird seitdem die Araberzucht erfolgreich fortgeführt – mit weltweiter Anerkennung.
Weil, Luftbild 7. Mai 1942, Ausschnitt, Geobasisdaten © Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg.
Die gestochen scharfe Vogelsicht zeigt, dass das ehem. Kgl. Privatgestüt 10 Jahre nach seinem Ende in baulicher Hinsicht unversehrt und fast vollständig in seiner idyllischen Abgeschiedenheit erhalten ist. Vom Schlösschen Weil in der Bildmitte führt die Klosterallee in leichter Krümmung zum Verwalterhaus am Wannenrain. Nur der Untere Meiereistall fehlt dort. Auf der Aufnahme ist der höher gelegene alte Weg am Fuß des Weiler Bergs im Rücken der Meiereigebäude gut zu erkennen. Weiter oben mündet er in den Wannenrain ein. Die Alleen und sonstiger alter Baumbestand sind komplett erhalten. Nur die Rennbahn gibt es schon lange nicht mehr. Kriegsbedingt sind frühere Weiden- und Wiesenflächen in Felder verwandelt.
Man möchte elegisch werden, wenn man sieht, wie sich dieser ursprünglich nicht zu Esslingen gehörende, durch das Gestüt europaweit berühmt gewordene Bereich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Als Stadtteil Esslingens wirkt er ein wenig wie ein vernachlässigtes Kind, ja wie ein nicht sonderlich geliebter Kegel.
Wiesenflächen im Süden Weils, die für knapp 40 Jahre als Rennbahn dienten, aufgenommen von der schmalen Straße dieses Namens. Über einem alten Fußweg durch den Wald des seitlichen Berghangs Champagne erreicht man noch immer in einer guten Stunde zu Fuß das Gestüt Scharnhausen. Ihm widme ich die nächsten Beiträge.
Fast ein Wappenzeichen des ehem. Kgl. Privatgestüts
Das Eingangsmotiv meiner Beiträge ist diese Wandmalerei um 1820 im Entree des Schlösschens Weil. Es ist auch sein Schlussbild. Der feurige Pferdekopf wirkt fast wie ein Wappenzeichen des Gebäudes und des Kgl. Privatgestüts.
Zum Weinen. Was Besucher wohl denken, wenn Sie für das alte Weil von fern angereist kommen und den traurigen Zustand von heute sehen? Danke für die schöne Darstellung von Weil.
Sehr gute Information über Weil.
Jost Bischofberger
8001 Zürich
email: jbischi@gmail.com