Vorfrühling in Stuttgart: Neues Lusthaus – zwar heute nur eine Ruine im Mittleren Schlossgarten, ruft diese dennoch Tausende und Abertausende vor das innere Auge, die die Prachtarchitektur im Lauf von Generationen und Jahrhunderten in festlicher Stimmung aufsuchten. 

Kopfballett: Tanz der Nationen, 1616

Vorfrühling in Stuttgart: Neues Lusthaus Kopfballett Tanz der Nationen Matthäus Merian

Kopfballett: Tanz der Nationen, 1616, Matthäus Merian (1593-1650), Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, Foto Museum. Dass Stuttgart Jahrhunderte später eine Stadt des Tanzes und der Fremden-Freundlichkeit sein wird, ist hier bereits zu ahnen. Diese Szene spielt sich 1616 im Festsaal des Lusthauses ab. Man sieht Vertreter von 12 Nationen „aus den vier Heuptecken der Welt“ – darunter hinten auch einen Indianer –  bei einem „wunderseltzamen vnd doch gar artlich in einander gerichteten GeneralTanz“. Eine Vorstufe der Kunst von John Cranko bis Tamas Detrich

Neues Lusthaus, 1616 und um 1905

Vorfrühling in Stuttgart: Neues Lusthaus Merian

Das Neue Lusthaus 1616, Ausschnitt aus dem übernächsten Bild. Im Hintergrund die Stiftskirche und das Kanzleigebäude mit dem Wasserturm davor.

Lusthaus-Ruine um 1905

Lusthaus-Ruine, um 1905, Foto Haus der Geschichte. Das Neue Lusthaus, einst errichtet am Ort des heutigen Kunstgebäudes für höfische Festivitäten, bald auch als Theater benutzt, deshalb mehrfach umgestaltet, um 1750 zum Opernhaus. 1902 brennt es ab. Reste werden gerettet und 1904 in den Schlossgarten versetzt.

Vorfrühling in Stuttgart: Neues Lusthaus mit Lustgarten M. Merian

Lustgarten mit Neuem Lusthaus, Radierung von Matthäus Merian, 1616, Sammlung und Foto Staatsgalerie. Blick in Richtung Süden vom heutigen Eckensee aus. Da das Neue Schloss erst 150 Jahre später entsteht, freie Sicht über  den „bomerantzen gart“ auf den Turnierplatz und rechts daneben das Neue Lusthaus. Hinter dem Lustgarten die eigentliche Stadt mit Altem Schloss und sonstigen Gebäuden, allesamt durchnummeriert und benannt. Das Lusthaus, 1584-93 erbaut von Georg Beer, Grundfläche 77 x 34 m, Höhe 34 m, ist als Glanzstück deutscher Renaissancearchitektur europaweit berühmt. An der Längsseite die zweiläufige Freitreppe vor dem ebenerdigen Arkadengang – Überbleibsel davon seit 1904 im Schlossgarten.

Stuttgart mit Neuem Lusthaus, um 1623/24 und 2020

M. Merian Stuttgart vom Hofgarten Federzeichnung ca 1623

Matthäus Merian, Stuttgart vom Hofgarten gesehen, 1623/24, Sammlung und Foto Staatsgalerie. Bei einem zweiten Besuch der kleinen Residenzstadt hat Merian die Situation in einer sehr schönen, lavierten Federzeichnung aus größerer Nähe zum Lusthaus erneut festgehalten.

Vorfrühling in Stuttgart: Neues Lusthaus als Ruine 2020

Reste des kurz vor 1600 erbauten Lusthauses im Mittleren Schlossgarten

Festsaal des Neuen Lusthauses, 1619

Vorfrühling in Stuttgart: Neues Lusthaus Festsaal Friedrich Brentel 1619

“Wahre Contrafactur des Saahls …“, 1619, Radierung von Friedrich Brentel (1580-1651), Sammlung und Foto Staatsgalerie. Bewundert wird das Haus fürstlicher Freuden, das aber kein Freudenhaus ist, als Lusthaus vor allem wegen seines enormen stützenfreien Festsaals. 

Vorfrühling in Stuttgart: Neues Lusthaus Säulenfragment

Das reich geschmückte Säulenfragment könnte von dem prunkvollen Eingang zum Festsaal stammen – siehe nächstes Bild. 

Friedrich Brentel Festsaal Detail 1619

Stuttgarter von 1619 und vermutlich auch Gäste sowie spielende Hunde im Festsaal mit seinem aufwändig gestalteten Eingang, Ausschnitt des vorigen. Leider sind hier Männer ganz unter sich. Die von Brentel angegebenen Maße des Saals in (württ.?) Schuh/Fuß (= 19. Jh.: 28,649 cm?) ergeben die enorme Fläche von ca. 57,60 x 20,35 m, also 1.172 qm, und eine Raumhöhe von 14,61 m. 

Neues Lusthaus Arkadengang 2020

Zugang zum Neuen Lusthaus von 1593 im Abendlicht des Februar 2020.