Drei Platanen bei Schloss Rosenstein I: das ist eine kleine Ablenkung in Corona-Tagen.

Zebus oder Buckelrinder vor Schloss Rosenstein, 1827, Landesbibliothek Stuttgart, Inv. Nr. 8664.

Diese frühe Darstellung des Schlosses zeigt die Platanen noch nicht. Noch vor seiner Fertigstellung soll der königliche Bau lediglich den Rang der Tiere unterstreichen. Sie werden hier im Kontext des Landwirtschaftlichen Hauptfestes gezeigt, das König Wilhelm I. 1818 gegründet hatte. Die Anhöhe 30 m über dem Neckar ist pflanzlich noch ziemlich kahl, was gut zu dem bis 1825 gebräuchlichen Namen Kahlenstein passt. Dafür gibt es freie Sicht in die Ferne, so auf die alte Kirche des Dörfchens Berg und seine Mühlenbauten.

Schloss bzw. Landhaus Rosenstein

Drei Platanen bei Schloss Rosenstein I

Angaben zu Schloss Rosenstein, nach: Württ. Jahrbücher 1830, S. 22 und 307-60. Am 31. Mai 1824 erfolgt die Grundsteinlegung. 1825 ist es „unter Dach“. Im Sommer 1829 gilt es als „vollendet und meubliert zum Bewohnen“. 1830 feiern „an tausend Gäste männlichen und weiblichen Geschlechts aus allen Ständen“ die Einweihung. Hier präsentiert sich das Gebäude 190 Jahre später im Morgenlicht des März 2020.

Cannstatt mit Neckar-Schlag

Weil die Koppelung von Kuh und Königssitz so ku[h]rios und verlockend ist, zeige ich noch eine Vertreterin des „Neckar-Schlags“ vor Cannstatt. Sie stammt von dem Tiermaler Friedrich Voltz (1817-1886), in: Abbildungen der Rindviehstämme Württembergs …, Stuttgart 1862, Taf. VI. In der Ferne ist unter Schloss Rosenstein die Tunnelöffnung der jungen Bahnlinie zu sehen. An der Erlaubnis, auch in solcher Weise für Rindvieh zu werben, erkennt man den Einsatz von König Wilhelm I. für die Landwirtschaft. Nicht zu Unrecht erhielt er den Beinamen „Rex agricolarum – König der Bauern.“

Drei Platanen bei Schloss Rosenstein I

Nun aber meine drei Platanen. Groß ist die Zahl dieser herrlichen, etwa 200 Jahre alten Bäume im Grünen U Stuttgarts. An erster Stelle steht das Naturdenkmal „Platanenallee“ im Unteren Schlossgarten, angelegt 1812/13.  Besonders eindrucksvoll sind auch einzelne Bäume und Baumgruppen im Rosensteinpark und in den Schlossgartenanlagen. Mir aber hat es vor allem dieses Terzett am Schloss Rosenstein angetan. 

Gottlob Friedrich Steinkopf

Schloss Rosenstein von der Wilhelma aus Georg Friedrich Steinkopf

Zunächst präsentiere ich einen ehem. Gesamtblick auf die Neckarlandschaft flussaufwärts, gesehen von einer Anhöhe im Bereich der späteren Wilhelma. Die einst in ganz Württemberg verbreitete Lithographie – hier das Exemplar und Foto der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart – gibt das großformatige Gemälde von Gottlob Friedrich Steinkopf (1779-1861) wieder. Es entsteht 1828 im kgl. Auftrag für Schloss Rosenstein. Eine regelrechte Bekrönung der Landschaft ist der Neubau auf dem früheren Kahlenstein, den sich König Wilhelm I. von seinem Lieblingsarchitekten Giovanni Salucci (1769-1845) errichten lässt. Er nennt das Gebäude nicht Schloss, sondern Landhaus, um seinen Bürgern nicht verschwenderisch zu erscheinen. Den Namen wählt er 1825 nach den Lieblingsblumen seiner 2. Gemahlin, der 1819 verstorbenen, für Stadt und Land so segensreichen Königin Katharina.

Drei Platanen bei Schloss Rosenstein I Foto 2020

Die drei Platanen stehen auf dem vormaligen Kahlenstein oberhalb des Neckarknies. Dieser ist von alters her ein Ausflugsort, weil sich von dort in alle Richtungen wunderbare Blicke auf das Flusstal bieten bzw. boten. So führt auch der Bildhauer Johann Heinrich Dannecker Anfang September 1797 als illustren Gast Goethe hier hin.

Warum gerade dieser Bildausschnitt – das erklärt sich sofort.

Sohn Julius Steinkopf

Schloss Rosenstein gleiches Motiv 1837 Julius Steinkopf

Den gleichen Standort wählt nämlich am 6. Juli 1837 der 21jährige Julius Steinkopf (1816-1892), Sohn von Gottlob Friedrich Steinkopf. Ich präsentiere hier zwei unveröffentlichte Skizzenbuchblätter der Graphischen Sammlung der Staatsgalerie. Der Blick geht von dem süd-östlichen Eingang des Landhauses in Richtung Esslingen: links auf dem Württemberg die Andeutung der Grabkapelle Katharinas, in größerer Ferne im idyllischen Tal die Dörfchen Obertürkheim und Mettingen. Vorne links drei schlanke, summarisch skizzierte Bäume, unsere Platanen, gepflanzt vermutlich gegen Ende der 1820er Jahre. Das Postament des Baus schmücken Topfblumen – wahrscheinlich Rosen. In der Wandnische gibt es noch keine Skulptur.

Drei Platanen bei Schloss Rosenstein I mit Liebespaar

Ein Liebespaar knapp 183 Jahre später am gleichen Ort im Januar 2020, morgens um 10 Uhr bei diffusem Licht. Winterlaub verdeckt die Sicht auf das heutige Neckartal, was in gewisser Weise ein Geschenk ist.