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Gestüt Scharnhausen – Stutenstall von Giovanni Salucci. Der Stall von 1823 ist in toto – obgleich er mehrfach verändert wurde, u. a. durch Absenkung des Daches und Anfügung seitlicher Boxen – dennoch sehr ansprechend.
Das Innere des Stutenstalls mit den alten Decken und Ständern, die z. T. noch Kapitelle besitzen. Die Stallgasse mit den beiden großen Toren erlaubt einen guten Luftaustausch, wie einst auch in den Ställen in Weil.
Es ist schön, hier gleichsam von einem Landsmann Saluccis, dem alten Hengst GARIBALDI, neugierig beobachtet zu werden.
Stutenstall von Westen: geringere bauliche Veränderungen als auf der anderen Seite.
Atmosphäre noch nah an der des frühen 19. Jh. – Zur Bauweise und den Materialien des Stalles vgl. Weckherlin 1825, 147.
Der Stimmung um den alten Stall kommt es zugute, wenn eine Frau in Wilhelm-Busch-Manier ihrem Hund Weisungen erteilt und ein Vater seinem Nachwuchs beim Überqueren des Höfelbachs die Corona-Welt zu erklären scheint.
Liebesgeschichten mit schlimmem Ausgang
Der Amor-Tempel oberhalb des Scharnhauser Schlösschens. Wohl angeregt durch Beispiele des berühmten Wörlitzer Parks, kann er für König Wilhelm nicht nur als Ort der Liebe dastehen. Vielmehr auch als Symbol von Liebschaft und Eifersucht. Scharnhausen beschleunigt das Ende seiner kurzen Ehe mit Katharina.
Wilhelms jüngere Schwester Katharina (1783-1835) hatte 1807 Napoleons Bruder Jérôme, den König von Westphalen, geheiratet, der als „König Lustig“ bekannt ist. Dieser hat als Geliebte seit 1808 ihre attraktive Hofdame Blanche La Flêche, geb. Bianca Carrega, eine Aristokratin aus Genua. Sie ist die Ehefrau eines nicht sonderlich tüchtigen Generalintendanten am Kasseler Hof, der seinerseits aus Marseille stammt. Wohl nicht ganz zufällig wird dieser im gleichen Jahr 1808 zum Staatsrat und Baron Keudelstein erhoben.
Der gut aussehende Kronprinz Wilhelm übernimmt 1810 mithilfe seiner hilfsbereiten Schwester gerne die Rolle seines Schwagers und wird Liebhaber dieser Blanche. Die Beziehung besteht also lange, bevor er seine 2. Ehefrau kennenlernt, und überdauert auch deren Lebenszeit.
Anfang Januar 1819 jagt Königin Katharina bei regnerischem Wetter – „vorerkrankt“, wie es derzeit heißt – in offener Kutsche nach Scharnhausen. Dort möchte sie ihren Mann mit seiner Liebschaft in flagranti stellen. Vermutlich trifft sie auf Blanche, die nach dem Ende des Kasseler Hofes am Bodensee gelebt haben soll. Königin Katharina holt sich bei dieser quälenden Tour quasi den Tod. 30 Jahre jung, stirbt sie am 9. Januar 1819. Es heißt: in einem psychosomatischem Krisenzustand infolge eines Hirnschlags.
Katharinas große Taten und Initiativen in Stuttgart innerhalb einer Zeit von nur drei Jahren wirken bis heute nach. In unserem Kontext: die von ihr bei dem als Beduine auftretenden polnischen Grafen Rzewuski beorderten 28 arabischen Pferde treffen drei Monate nach ihrem Ende in Stuttgart ein.
So ähnlich wie hier vor dem vormaligen Lustschloss Scharnhausen im April 2020 dürften die Vollblutaraber im Rundlauf des benachbarten Gestütshofes unterwegs gewesen sein.
Schön dass ihr dieses Anwesen und Traktionen weiter pflegen, werde es mit Spannung verfolgen. Wünsche der Familie Fritz und Patricks Frau viel Glück 🍀 und Erfolg liebe Grüße Ingrid Weith 🐴🐎