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Gestüt Weil – Neuer Stutenstall – kläglicher Rest! Zum Trost und Einstieg: DERBENDISCHE, Rudolf Kuntz, I, 1823, Württ. Landesbibliothek Stuttgart.
Geboren 1813 im Kaukasus, 1817-30 im Gestüt Weil, dazu dieser Kommentar: „persische Stute aus der Provinz Karabach … Dieses Pferd ist von ausgezeichneter Grösse, regelmässig gebaut, und ungemein schnell in seinen Bewegungen; es hat ein heftiges Temperament, und ist etwas misstrauisch.“
Weil: hinter einem umgebauten Haus, Klosterallee 10, in dem früher Gestütspersonal lebte, verdecken Sträucher altes Mauerwerk. Plötzlich erinnert es mich an Saluccis Aufriss des Neuen Stutenstalls.
Die später gefundene Ansicht der Ostseite des Stutenstalls, 1960er Jahre, Foto Stadtarchiv Esslingen.
Die Zugehörigkeit zum Stutenstall wird an der anderen Seite des Gebäudes deutlicher. Viel ist anfangs nicht zu erkennen, weil ein jüngerer Anbau zur Straße hin, Klosterallee 12, die Situation verunklärt.
Neuer Stutenstall vom Gestüt Weil – nur noch ein kläglicher Rest
Der Rest von Saluccis Neuem Stutenstall ist klar zu erkennen. Nichts erinnert daran, dass hier von 1822 an für 110 Jahre Stuten stehen. Diese zwei Achsen des Stalls fungieren zeitweilig als Jugendhaus. Inzwischen hat dort Esslingens Eritreische Gemeinschaft e. V. ein Unterkommen.
Saluccis Neuer Stutenstall, ohne Einbauten, 1960er Jahre, Foto Stadtarchiv Esslingen.
Es ist sehr zu bedauern, dass dieser Bau und anderes in Weil 1972 abgerissen wurde. Durch Umnutzung eines solchen Zeugen einer großen Vergangenheit – auch Stallungen gehören hier dazu – hätte Weil noch heute einen ganz eigenen Charakter.
Nach Monaten Corona-bedingter Abwesenheit kommt es im Juni 2020 zu einem Treffen mit liebenswürdigen Mitgliedern des Vorstands der Eritreischen Gemeinschaft. An Saluccis Bau und zwei vormalige Boxen erinnert nur eine gusseiserne Stütze. Die zweite jenseits des früheren Mittelgangs des Stalls dürfte im heutigen Toilettenbereich verbaut sein.
Vom ehem. Dachraum lässt sich kein Bild gewinnen. Dort haust eine freundliche frühere Ingenieurin, die über Jahre als Wohnsitzlose mit Hunden durch Europa zieht. Nach ihren Worten lebt sie auf dem Dachboden nun in Eintracht mit Mäusen, die ihr nachts auch über das Gesicht huschen. Möbel und anderes, sämtlich mit schwarzen Tüchern verhängt, bilden ein labyrinthisches Ensemble und verstellen den Blick.
Sic transit gloria mundi – hier im Hinblick auf einen einst würdigen Gestütsbau des angesehenen Architekten Giovanni Salucci.
Ein Fenster des Stutenstalls vor dem Abbruch, 1960er Jahre, Foto Stadtarchiv Esslingen.