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Schlösschen Weil – Bewährungsprobe von Giovanni Salucci. Als Einstieg eine Darstellung von EMIR vor arabischer Phantasiekulisse, Lars Ekeman-Alleson nach Rudolf Kuntz (1797-1848), I, 1823, Württ. Landesbibliothek Stuttgart.
Der prachtvolle, 1808 geborene Hengst wird 1814 im Bereich des Libanon vom Beduinenstamm der Anazé für Kronprinz Wilhelm erworben. Er bleibt bis 1824 im Gestüt und wird Stammvater des Wagen-Schlags. Zu der Abbildung heißt es: „Bey dem früheren Gebrauche als Reitpferd hat dieser Hengst seine innere Güte durch besondere Schnelligkeit und Ausdauer erprobt. Sein Charakter ist lebhaft, aber fromm.“
Schlösschen Weil bei Esslingen von Giovanni Salucci ist 200 Jahre alt und in gutem Zustand nach einer jüngst erfolgten Instandsetzung. Die großen Bäume stammen überwiegend aus der Erbauungszeit. Eine freie Sicht auf das Umland gibt es nicht mehr.
Architekt und Erstveröffentlichung
Im Juli 1817 trifft der Florentiner Architekt Giovanni Salucci (1769-1845) in Stuttgart ein. Als Ende September König Wilhelm nach längerer Planung sein Kgl. Privatgestüt in Weil gründet, hat sich Salucci sogleich mit diesem Thema zu befassen. Zunächst geht es um ein kgl. Landhaus. Nicht nur Wilhelm nimmt daran regen Anteil, auch Königin Katharina, da sie sich genauso für Architektur wie für Pferde begeistert.
Saluccis Bewährungsprobe
Dank seiner das Königspaar überzeugenden Ideen, realisiert Salucci in Weil zwischen Frühjahr 1818 und Frühjahr 1820 seinen ersten Bau in Württemberg. Das für kgl. Verhältnisse kleine, quadratische Haus von ca. 24 m Seitenlänge ist Saluccis Bewährungsprobe. Es verschafft ihm bereits am 1. Juli 1818 die Stellung des Hofbaumeisters. Mit Wiedergabe im Württ. Jahrbuch 1819 wird dieses kgl. Wochenendhaus bekannt gemacht. Dabei bescheiden Pavillon genannt, wird es sonst bezeichnet als Retraite, Landhaus und Villa oder wie hier meist als Schlösschen.
Alles in allem: ein gut proportioniertes, wenig bekanntes architektonisches Schmuckstück. Damit beginnt eine ganze Reihe wichtiger Bauten Saluccis in Stuttgart und Umgebung. Auch bietet das Schlösschen einige neuartige Elemente. So den umlaufenden Bogengang aus feingliedrigem Gusseisen, der den Eindruck südländischer Leichtigkeit und Eleganz vermittelt. Zudem gewährt die Galerie des Obergeschosses allseits einen freien Blick auf die schöne offene Landschaft mit den herrlichen Arabern.
Die erstmals in Württemberg angewandte Eisenkonstruktion der umlaufenden Galerie wird vom König gewünscht bzw. ihm sehr willkommen sein. Sie ist nämlich für das Hüttenwerk Wasseralfingen ein wichtiger Auftrag in schwerer Zeit. Analog zu antiken Tempeln zeigt der Bogengang an den Ecken einen geringeren Stützenabstand und daher steilere Bögen.
Von der Eingangsseite gibt es in blätterloser Jahreszeit noch eine annähernde Vorstellung von der ursprünglichen Weite des Blicks rings umher. Hier geht er in Richtung der ehem. Rennbahn zu Füßen des Berghangs mit dem schönen Namen Champagne.
Das kgl. Sommerhaus ist heute nur noch aus unmittelbarer Nähe innerhalb des kleinen, von Hecken umschlossenen Parks zu sehen.
Eine Bellevue im Neckartal
Schlösschen Weil von Südosten, Pieter Francis Peters (1818-1903), 1851, Städtische Museen Esslingen.
Die anfängliche Pflanzenumrankung der Galerie und die Sonnensegel im OG verstärken den südländischen Charakter des Baus. Die allseitigen Blicke aufs Land machen ihn im Wortsinn zu einer „Bellevue“.
Die Hauptfront weist nach Norden, sodass man früher von dort aus das gesamte Neckartal bis Cannstatt vor Augen hatte.