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Schlösschen Weil bei Esslingen im schönen Neckartal: SULTAN MAHMUD mit dem Schlösschen und Esslingen im Hintergrund, Rudolf Kuntz (1797-1848), 1832, Sammlung und Foto Privatbesitz.
Der bisher namenlose Hengst lässt sich aufgrund des Brandzeichens (vgl. Waiditschka 2017, 82) mit einem berühmten, besonders großen Atlas-Schimmel identifizieren. 1826 wird er von dem Pferdehändler Nicolas Gliocho zwischen Aleppo und Bagdad erworben. Er gelangt nach Konstantinopel und Wien. Von dort geht es 1828 in 55 Tagesmärschen nach Stuttgart.
Dieses Gemälde, auf dessen Signatur unten links mich Gudrun Waiditschka freundlich aufmerksam gemacht hat, dient mir als Einstimmung für Weil. Das Gestüt wird schnell wegen seiner Zucht von arabischem Vollblut bekannt und gilt schließlich im 19. Jh. als das bedeutendste Europas.
Die Lage im Neckartal
Schlösschen Weil bei Esslingen im schönen Neckartal: König Wilhelm I hat sich für sein Kgl. Privatgestüt und sein „Landhaus“ einen idealen Platz gewählt.
Domänenplan, nach: Hügel-Schmidt 1861.
Am 30. September 1817, seit knapp einem Jahr König, gründet Wilhelm I sein Kgl. Privatgestüt für die Zucht von Vollblutarabern. Dazu hat er zuvor Grundstücke gekauft und getauscht, sodass sich von Weil bis Scharnhausen ein enormes durchgehendes, aber getrennt verwaltetes Gelände ergibt. Als weiterer Gestütshof gehört noch Kleinhohenheim auf den Fildern dazu.
Warum entsteht in Weil ein Schlösschen? Ein Gestüt funktioniert auch ohne das, wie man an Marbach sieht. König Wilhelm ist jedoch von Anbeginn seines Interesses an der Pferdezucht gewohnt, deren Entwicklung aus unmittelbarer Nachbarschaft zu verfolgen. So geschehen seit 1810 in Scharnhausen, wo ihm das dortige, vom Großonkel Carl Eugen 1784 erbaute Lustschlösschen zur Verfügung steht – darüber später mehr. Dementsprechend lässt er für sich auch in Weil als erstes ein Landhaus errichten, um zumindest zeitweilig in der Nähe seiner geliebten Araber zu leben.
„Weil von Stuttgart her“, Johann Caspar Obach (1807-1865), um 1850, Städtische Museen Esslingen.
„Am Waldessaume, rechts von der Landstraße nach Ulm, eine halbe Stunde unterhalb Eßlingen, liegt das Schlößchen Weil, erbaut unter König Wilhelm 1818-1819 nach einem Plane und unter Leitung des Hofbaumeisters Salucci. Früher war hier ein Frauen-Dominikaner-Kloster, von welchem noch ein Theil vorhanden ist,“ schreibt Zoller 1841, 273. Statt eines Nebenarms des Neckars verläuft hier heute die B10 und das damalige Weil ist kaum noch aufzufinden.
Das Neckartal bei Weil mit heimkehrenden Landleuten, Gottlob Friedrich Steinkopf (1779-1860), 1830 gemalt für Schloss Rosenstein, heute Sammlung und Foto Staatsgalerie Stuttgart.
Von halber Höhe des Wegs nach Scharnhausen gesehen, wird das Motiv zu einer arkadischen Landschaft verklärt. In der Mitte das Schlösschen Weil, davor Stuten und Fohlen. Am Neckarlauf erkennt man Mettingen. In größerer Ferne Obertürkheim mit der Petruskirche und darüber die von Salucci für Königin Katharina erbaute Grabkapelle auf dem Württemberg.
Ausschnitt aus vorigem: links vom Schlösschen liegen halbverborgen die Gestütsbauten.
Das heutige Weil von ähnlichem Standort. Doch nicht so hoch am Berghang, denn weiter oben ist wegen des dichten Baumbestands keine Fernsicht mehr möglich. Im Mittelgrund halb links ist hinter Bäumen das Schlösschen Weil zu ahnen. Davor Grünflächen der ehem. Pferdekoppeln und späteren Rennbahn. Nur die Sicht auf die Hänge jenseits des Neckars ist noch frei. Unten rechts der Kirchturm von Mettingen, links unter dem Kran die Obertürkheimer Kirche und darüber die Bergkuppe mit der Grabkapelle.
Schlösschen Weil, um 1840, Württ. Landesbibliothek Stuttgart, Schefold 10 816.
Oben links Farbangaben, rechts Esslingen in der Ferne. Wenn hier auch etwas übertrieben, ist das Schlösschen wie eine Warft auf leicht erhöhtem Terrain gebaut. Das wird seinen Grund haben in der kurz zurückliegenden Gefährdung des Königspaares durch die große Überschwemmung des Neckars am 28. Mai 1817 in Cannstatt.
Schlösschen Weil von Westen mit Esslingen, Julius Schnorr (1826-1885), nach: Hügel-Schmidt 1861.
Araber vor Schlösschen Weil, Emil Volkers (1831-1905), um 1856, Ludwigburg Museum, Schefold 10 819.
[…] Esslingen, wo das Gestüt des Königs beheimatet ist; darüber können Sie alles auf dieser Seite des ehemaligen Stuttgarter Museumsdirektors Christian von Holst lesen. Für Pferdeliebhaber […]