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Rossebändiger – ein Denkmal des Kgl Privatgestüts – anstelle von Kopien nach allbekannten römischen Antiken errichtet Ludwig Hofer ein Denkmal für die Lieblingspferde des Königs.
Nach anatomischen Studien an Skeletten 1843/44 in der Tierarzneischule (und damit gewiss auch am Skelett von BAIRACTAR), verbringt Hofer längere Zeit in Weil und im Leibstall des Königs in Stuttgart. Während er auf der linken Seite der Platanenallee ein eher folgsames Pferd zeigt, verhält sich dieses widerspenstig und wilder.
Unbändigkeit in Natur und Kunst
In Weil und zumindest im Kunstwerk auch in Scharnhausen zeigt der attraktive Rotfuchs CHAM sein Wesen und Temperament. In dem 1844 entstandenen Gemälde von Otto Stotz (1805-1873) lässt er sich kaum bändigen. Mit Hinweisen auf solche Stars unter den Pferden dürfte Hofer König Wilhelm überzeugt haben. Die kolossalen Diskursen vor dem römischen Quirinalspalast sind zweifellos eindrucksvoll. Aber orts- und zeitbezogen und damit viel origineller sollte im Stuttgarter Schlossgarten die Wirkung von edlen Arabern aus dem Kgl. Privatgestüt sein. Diese Argumentation des Bildhauers geht seit Generationen auf.
Auch CHAM ist in dem Bildausschnitt, so wie die beiden Hengste der Platanenallee, kaum zu halten. Dem Pferdewärter bzw. „Rossebändiger“ in Scharnhausen ist bereits der Zügel gerissen. Er versucht durch festen Zugriff in die Mähne und den Bauchgurt den Rotfuchs zu beruhigen.
Während der Planung und Aufführung des Caroussels im Reithaus arbeitet Hofer in Carrara an der Vollendung seiner Rossebändiger. Die Wiedergabe des unbändigen Steigens ist Hofer hier besonders eindrucksvoll gelungen. Als Vorbild dient ihm BAGDADI, ein Enkel BAIRACTARS, weil er aus freien Stücken steigt.
SULTAN MAHMUD, der in eine Stutenherde bei Scharnhausen stürmt, gemalt 1832 von Albrecht Adam, hätte Hofer ebenso als Modell nehmen können. Der Hengst gehört zu den besonders prominenten Repräsentanten des Gestüts in der 1. Hälfte des 19. Jh.
Zu Zeuxis und Schönheit von Frauen und Pferden
Die Rossebändiger werden 1847 in Carrara vollendet. Mit manchen Schwierigkeiten kommen sie auf dem Wasserweg nach Stuttgart. 1848 werden sie enthüllt und stehen erfreulicher Weise noch heute an ihrem Bestimmungsort.
Für die Gestaltung der Pferdeköpfe dienen Hofer fünf besonders edle Araber als Modell. Er bemüht sich die jeweils schönsten Züge zu einem Idealbild zu vereinen. Dazu gibt es eine Parallele in der Antike.
Der griechische Maler Zeuxis soll um 400 v. Chr. an fünf weiblichen Modellen in analoger Weise die makellosen Körperteile ausgewählt und festgehalten haben, um sie bei der Darstellung Helenas als der schönsten aller Frauen miteinander zu verbinden. Leider kennen wir nur diese Überlieferung, nicht aber das Werk des Zeuxis.
Nach über 170 Jahren fungiert das von Hofer geschaffene Denkmal der Arabervollblutzucht nach wie vor als Tor zur gut 200jährigen Platanenallee. Sie ist ihrerseits inzwischen ein Denkmal geworden, ein „Naturdenkmal“. Wanderer und Radler führt sie zu einem weiteren Stuttgarter Schlüsselwerk des Klassizismus, zu Giovanni Saluccis Schloss Rosenstein über dem Neckarknie.
Ein Echo am Reithaus
Reithaus, 1937, Foto Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart.
Das Reiterrelief von 1913 ist mit Marmorreliefs des Parthenon-Frieses, den Elgin Marbles im British Museum, verwandt, aber auch mit Hofers Rossebändigern.