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Reiterspiel/Caroussel 1846: Gefolge und Hackländer. Hier geht es um den Ausklang des Caroussels und um den Hengst CHAM, zu dem Friedrich Wilhelm Hackländer eine ganz besondere Beziehung hat.
Gefolge von Prinz Felix zu Hohenlohe-Öhringen, Ausschnitt von Tafel 10. Bisher sind die mit leichter Hand skizzierten Nebenfiguren des Caroussels nicht weiter beachtet worden. Deshalb stelle ich hier einige weitere vor.
Gefolgsmann von Kronprinz Karl von Württemberg, gezeichnet von Johann Baptist Zwecker, Ausschnitt aus Tafel 7.
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Der letzte Teil des Caroussels beginnt mit einer Quadrille von sechzehn Paaren aus Rittern und Sarazenen. Sie wurde in die Mappe ebenso wenig aufgenommen wie die Damenquadrille, die aus acht Paaren besteht.
Gefolge von Seckendorff und Degenfeld-Schonburg, Ausschnitt aus Tafel 11.
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Zu dem Aufritt der Damen schreibt Hackländer: „Diese Quadrille konnte als Glanzpunkt des Caroussels angesehen werden. Die Damen ritten sämmtlich ihre ausgezeichneten Pferde mit wahrer Meisterschaft, und es ist nur zu bedauern, dass es unmöglich war, eine Abbildung dieser wirklich prachtvollen Costüme mitzutheilen.“
Gefolge der Ritter Henckel von Donnersmarck und Maucler, Ausschnitt von Tafel 15, gezeichnet von Carl Kurtz.
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Ausklang des Caroussels
Auch in der Schwäbischen Kronik vom 29. Oktober 1846 heißt es: „Daß auch das schöne Geschlecht seine ritterlichen Uebungen mit denen des männlichen vereinigte, gab den Darstellungen einen besondern Reiz …“
Gefolgsmann der Ritter Henckel von Donnersmarck und Maucler, Ausschnitt von Tafel 15, gezeichnet von C. Kurtz.
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Hackländer berichtet weiter: „Jeder der acht Damen trug eine kleine Standarte in der Hand, welche der Königlichen Tribüne die russischen Farben, weiss und gelb, und die württembergischen, schwarz und roth, zeigten.“ Beim Aufrollen erscheinen die Buchstaben K A R L und O L G A.
Gefolge des Sarazenen Graf Neipperg, Ausschnitt von Tafel 20, gezeichnet von J. B. Zwecker.
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„vorliegendes Werk, in Bild und Wort, für ewige Zeiten …“
Geschmeidig beschließt Hackländer seinen Bericht:
„Mit diesem auf Sinn und Zweck der Feier zurückführenden Bilde [der Schlacht] endigte das herrliche Fest. Obgleich dessen Erinnerung nie aus dem Gedächtnis der Theilnehmer und Zuschauer verschwinden wird, so beschlossen doch Erstere, es durch vorliegendes Werk, in Bild und Wort, für ewige Zeiten festzuhalten und als neuen Beweis der Verehrung und Hochachtung der geliebten Fürstin zu Füssen zu legen, welche die freudige und beglückende Veranlassung dazu war.“
Hackländer, CHAM und die Teufelsbrücke
Ich beschließe das romantische Orient-Erlebnis des Caroussels mit CHAM, der von einer abenteuerlichen „Reise in den Orient“ 1841 mit nach Stuttgart kommt. Auch damals ist Hackländer wie bei dem Reiterfest eine Schlüsselfigur. Der Bildausschnitt zeigt den Fuchshengst zwei Jahre vor dem Fest unter Stuten in Scharnhausen, gemalt von Otto Stotz. Wahrscheinlich ist CHAM auch eines der bewunderten Pferde des Caroussels, doch lässt sich das den obigen Bildtafeln nicht entnehmen.
Hackländer tritt auf am Anfang meines Berichts über Das Caroussel und an seinem Ende. Nicht nur seine Schilderung des Reiterfests ist sehr anschaulich. Gleiches gilt für seine flott beschriebene “Reise in den Orient“. Er unternimmt sie 1840/41 als Begleiter von Oberst-Stallmeister Wilhelm von Taubenheim. Auf der Rückfahrt geht es mit dem Dampfschiff von Alexandria nach Genua. Taubenheim hatte noch in Italien zu tun. Deshalb bringt Hackländer den bei Damaskus erworbenen Hengst CHAM (vgl. Waiditschka 2017, 112, 129 f.) von Genua nach Stuttgart. Zu seiner „kleinen Karawane“, wie er sie nennt, gehören noch ein Reitknecht Friedrich, die Stute BALBEK, erworben von einem Beduinen bei Balbek, und ein munteres, frei herumspringendes Fohlen.
Von Genua nach Mailand braucht damals ein Postwagen „nur“ 36 Stunden. Hackländer dagegen mit seiner „Karawane“ 8 Tage. Von dort geht es in etwa gleicher Zeit über den Splügenpass und die Via Mala nach Stuttgart. Das Reisetempo wird auch von dem Fohlen bestimmt, das pro Tag nicht mehr als 5 bis 6 Stunden verkraftet. Den Hengst muss Hackländer ständig von der Stute fern halten. Auch hat er ihn zu beruhigen, wenn dieser erstmals eine Lokomotive erlebt.
Brenzlig ist ebenso die Via Mala, auf der CHAM vor der schmalen Teufelsbrücke über der tiefen Schlucht des Hinterrheins zurückschreckt. Dazu muss man Hackländer selbst vernehmen:
O-Ton Hackländer
„Ich übernachtete in dem Dorfe Splügen und reiste am andern Morgen gegen 9 Uhr wieder weiter, die wegen ihrer schauerlichen Wildheit so berühmte und berüchtigte via mala begehend, obschon ich sie – vielleicht in Folge meiner Erfahrungen im Libanon – lange nicht so schlimm fand, als ich mir vorgestellt hatte. Allerdings jagte mir einmal mein Hengst einen ziemlichen Schrecken ein. Man führte ihn nämlich an dem sogenannten verlornen Loche, wo vorspringende Felsen es unmöglich machten, den Weg auf dem rechten Ufer der Schlucht fortzusetzen, vermittelst einer Brücke, die mit einem einzigen Bogen kühn zwischen den hohen Felsen hängt, auf die linke Seite. Bei dem Brausen der an den Wänden niederfallenden Wasserbäche kamen dem Tiere vielleicht die Leiden der Seefahrt oder das Sausen des Dampfes [der Lokomotive] ins Gedächtniß – kurz, es wollte nicht auf die Brücke und machte Miene, wieder umzudrehen. Natürlich brauchte ich endlich Gewalt, und Sham [= CHAM] sprang nun mit einem mächtigen Satze auf die Brücke, wo er sich seiner Gewohnheit gemäß auf die Hinterbeine stellte und so eine Strecke vorwärts marschirte – ein fatales Courbettiren [sich in Bogensprüngen fortbewegen] über einem 400 Fuß tiefen Abgrund.“
Das alles hat Hackländer bereits 1841 im „Morgenblatt für gebildete Leser“ breit und lebendig beschrieben. Buchauflagen gibt es seit 1842 bis heute. Dieser Erfolg als Autor mag Hackländer auch seine Rolle beim Caroussel verschafft haben. Ansehen und Adel bleiben nicht aus.
Und der Original-Araber CHAM (1835-1851) wird einer der Hauptbeschäler im Kgl. Privatgestüt. Kaum lässt er sich in Scharnhausen, so wie ihn Stotz darstellt, von seinem Pferdewärter am Bauchgurt und der Mähne zurückhalten.
Hackländer im Orient
Eine Szene im Orient mit den drei von dort nach Stuttgart gebrachten edlen Arabern, nach dem Schutzumschlag von Hackländers „Reise in den Orient“ in der Ausgabe des Georg Olms Verlags von 2004. Darauf hat mich Gudrun Waiditschka aufmerksam gemacht. Mir war das entgangen, weil ich die beiden Bände digital konsultiert hatte.
Das Gemälde stammt von Johann Baptist Zwecker, einem der beiden Zeichner des Caroussels. Es ist unten rechts signiert und wohl 1846 datiert. Ganz genau lässt sich das aber auf der Umschlagabbildung nicht ausmachen. Die Jahreszahl würde aber gut zu dem Reiterfest und der 1846 erschienenen 2. Auflage der „Reise in den Orient“ passen.
Suche nach dem Gemälde von J. B. Zwecker
Zu dem Bild heißt es in dem Olms-Band von 2004: „Hackländer kehrt mit dem arabischen Fuchshengst Es Sham [in Stuttgart CHAM genannt] ins Lager zurück“, veröffentlicht mit Zustimmung von Dr. Eleonore Hackländer. Als erstes Pferd war Anfang 1841 die damals hochträchtige Stute BALBEK erworben worden, kurz danach durch Hackländer in Damaskus mit großen Schwierigkeiten endlich auch CHAM. Am 18. Februar 1841 wirft die Stute in Gaza „ein allerliebstes Fohlen, das man um keinen Preis zurücklassen wollte“, wie Hackländer 1846/2004, 137 schreibt.
Nach dem Alter des Fohlens zu schließen, müßte sich die gemalte Szene im späten Frühling 1841 in der Nähe von Alexandria abspielen, kurz vor der Rückreise mit dem Schiff nach Genua. Dann wäre auf dem Fuchshengst der 25jährige angehende Schriftsteller zu sehen, halb beduinisch gekleidet, der von Taubenheim vor einem Zelt mit großer Geste begrüßt wird. Die Örtlichkeit entstammt vielleicht der Phantasie des Künstlers, könnte aber auch auf Skizzen oder Erzählungen der Reisenden basieren und irgendwo am Nil liegen.
Nur die Familientradition von Nachfahren Hackländers könnte Weiteres klären, nachdem Dr. Eleonore Hackländer inzwischen verstorben und das Gemälde verschollen ist. Deshalb die Fragen:
WO IST ZWECKERS BILD HEUTE? – WER WEISS ETWAS VON SEINER GESCHICHTE?
Jegliche Nachricht wäre sehr willkommen. Vertraulichkeit wird von mir verbindlich zugesagt.
Sehr geehrter Herr von Holst,
das Zwecker-Gemälde ist keineswegs verschollen. Ich wundere mich, dass Sie sich noch nie an mich als d e n Hackländer-Experten gewandt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Fischer
Fontaneweg 2
75443 Ötisheim
Tel. 07041 44636