Stuttgart meist aus der Vogelschau: Vergangenes als Anregung für Künftiges? Zum Wettbewerb Neuer Stadtraum B14 – Bilderfolge I von X

Der aktuelle städtebauliche Wettbewerb hat zum Ziel, die autobahnähnliche B14 vom Marienplatz bis zum Neckar als stadtspaltende Verkehrsschneise zu verändern und erneut in Stadtraum zu verwandeln. 

Bilder als Ideenpool

Als Ideenpool mögen die Beteiligten die hier bis Mitte März präsentierten Bildergruppen verstehen. Nicht, um wie andernorts Zerstörtes wieder zu errichten, sondern um die Stadtqualitäten Stuttgarts näher kennenzulernen, die zum Teil durch Krieg und Nachkriegszeit so stark geschädigt worden sind. Die diskussionswürdigen Vorschläge des „Ideen-Workshops Kulturquartier“ vom November 2018 und des Workshops „Aufbruch in die Verkehrswende“ vom November 2019 werden nicht referiert, weil sie den Wettbewerbsteilnehmern aus ihren Unterlagen zugänglich sind.

Die Herkunft der Fotos ist jeweils angegeben. Wenn nicht, stammen sie vom Autor.

Das Beitragsbild zeigt Stuttgarts Mitte, 1923, Foto LMZ-BW: links entlang der Neckarstraße/B14 Staatstheater, Reithaus, Carlsakademie (im Rücken des Neuen Schlosses), Dreiecksplatz an der Planie und dahinter kaum erkennbar das Waisenhaus. Die Anlage des Schlossgartens stammt vom Hofarchitekten Nikolaus Thouret aus dem Jahr 1806.

1852: F. Federer nach F. Wagner, Ausschnitt, Staatsgalerie Stuttgart: Vogelschau oberhalb vom Galgenbuckel, später Rebenberg genannt, heute vom Europaviertel. 

Die Gesamtsicht Stuttgarts mit dem Schlossgarten von Nikolaus Thouret und seiner Verlängerung in Richtung Neckar; am Beginn der noch jungen Platanenallee die noch erhaltenen Rossebändiger. Die Neckarstraße/B14 ist erst zur Hälfte bebaut. In der Mitte die Alte Staatsgalerie (noch ohne rückwärtige Flügel), ihr gegenüber die Münze, beides aus den frühen 1840er Jahren. Rechts neben dem Park die neue Eisenbahnlinie von Cannstatt zum Bahnhof an der Schloss-/Bolzstraße. Rechts davon Reiterkaserne und Zuckerfabrik. 

B14 heute und bis etwa 1970

Die heutige B14 mit bis zu 11 Fahrspuren von der Charlottenkreuzung in Richtung Neckar. Die frühere Neckarstraße als zweite Magistrale der Stadt war nur wenig breiter als die Königstraße. Die Carlsakademie, nach der der Akademiegarten benannt ist, der ohne architektonische Einfassung fast wie nackt daliegt, reichte bis etwa in die Mitte der jetzigen B14.

1908 von fast gleichem Standort ein Blick vom Charlottenplatz Richtung Neckartor, Foto LMZ-BW: links Bäume vom Dreiecksplatz der Planie, rechts Bäume vor dem Wilhelms-/StadtPalais – eine menschengemäße Magistrale bis in die Nachkriegszeit, als hier durch Abbrüche und Verbreiterung der Straße das Ideal der autogerechten Stadt angestrebt und dabei auch ihr kerzengerader Verlauf aufgegeben wird.

Ein monströses Sinnbild der autogerechten Stadt ist die heutige Charlottenkreuzung. Einen Platz darf man sie nicht nennen, denn sie ist nicht betretbar. Ihren Namen findet man nur an dem unerreichbaren Lichtmast.

Stuttgarts Mitte um 1930, Foto LMZ-BW: unten das erhaltene Waisenhaus, daneben der Dreiecksplatz der Planie, die entlang der Carlsakademie und des Neuen Schlosses zum 1962 abgebrochenen Kronprinzenpalais führt. Von der Carlsakademie hat nur die Baumgruppe rechts am Bildrand überlebt.

1953: eine weiter gefasste Vogelschau auf Stuttgart, Foto LMZ-BW, Luftbild Albrecht Brugger: die Grundstruktur der Stadt noch unverändert. Kronprinzenpalais, Neues Schloss, Mittelbau der Carlsakademie, Wilhelmspalais ohne Dächer. Oper, Reithaus und Schlossgarten sind erhalten. Carlsakademie durch Behelfsbauten ergänzt.